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Flow-Erlebnis: Kann Stress glücklich machen?

Egal ob im Job, beim Sport oder bei künstlerischen Tätigkeiten – wünschen wir uns nicht alle, währenddessen einfach mal Zeit und Sorgen zu vergessen, weder unter- noch überfordert und stattdessen produktiv, konzentriert und glücklich zu sein? Mit dem Flow-Prinzip bzw. dem Flow-Erlebnis ist das tatsächlich möglich!

Was ist das Flow-Prinzip?

Das Flow-Prinzip stammt von dem ungarischen Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi und es bezeichnet einen ekstatischen Zustand, der uns zu höchster Produktivität und Kreativität verhilft – und uns dabei erfüllt und glücklich sein lässt. Ein Zustand der Ekstase, der uns aus unserer gewöhnlichen Alltagsroutine ausbrechen und in eine alternative Realität eintauchen lässt. Dieser ungemein positive Zustand liegt zwischen Überforderung (Angst, Frustration) und Unterforderung (Routine, Langeweile).

Wie erreicht man den Flow?

Bislang gibt es noch keine offizielle „Flow“-Definition. Auch betont Mihaly Csikszentmihalyi, dass er Flow-Erlebnisse nur bei Menschen beobachtet hat, die seit mindestens zehn Jahren Experten auf dem Gebiet sind, innerhalb dessen sie Flow-Erlebnisse haben. Denn etwas Neues zu erschaffen, das besser ist als das Bisherige, erfordert natürlich fundiertes Wissen und eine ausgefeilte Technik.

Laut Csikszentmihalyi können wir unter folgenden Voraussetzungen in den Flow kommen:

  • positive und neugierige Einstellung gegenüber der bevorstehenden Aufgabe
  • aktive/lebendige Aufgabe mit neuem Aspekt
  • neuer bzw. herausfordernder Aspekt muss realistisch sein
  • konkretes (Nah-)Ziel stecken

Im Flow-Zustand während des Handelns stehen die folgenden fünf Komponenten im Fokus:

  • Positives Kontrollgefühl über eigene Handlungen, das uns in einen Zustand der Gelöstheit und Angstfreiheit bringt.
  • Harmonischer, müheloser Ablauf der Tätigkeit, selbst wenn der Einsatz von außen betrachtet viel Energie abverlangt.
  • Beim Flow-Zustand wird das normale Zeitgefühl durch Zeitraffungen und -dehnungen aufgehoben.
  • Die intensive Konzentration und Ekstase sorgen dafür, dass nur noch die Aktivität und das neue Ziel wahrgenommen und andere Gedanken wie Sorgen und Ängste ausgeblendet werden und andere Handlungen abseits der eigentlichen Aktivität nicht möglich sind. Handlung und Bewusstsein verschmelzen somit und wir werden eins mit unserem Tun (der Natur um uns herum) oder eins mit anderen Menschen, die mit uns gemeinsam eine Handlung vollziehen (Team-Flow).
  • Das Flow-Erlebnis steht außerdem dafür, dass das Tun selbst bereits glücklich macht. Das Ziel der Handlung ist also schon die Tätigkeit an sich. Die Flow-Handlung steht somit für „Immediate Return on Investment“ (IROI).

Was passiert dabei im Gehirn?

Dass das Flow-Prinzip einer Ekstase gleicht und es sich so anfühlt, als würden wir eins mit unserem Tun sowie alles andere um uns herum ausblenden, lässt sich laut Csikszentmihalyi anhand unseres Nervensystems erklären. Dieses kann 110 Bits an Informationen pro Sekunde verarbeiten. Um z. B. unser Gegenüber zu hören und zu verstehen, benötigen wir bereits rund 60 Bits pro Sekunde. Es ist uns also unmöglich, mehr als zwei Personen gleichzeitig zu verstehen. Innerhalb eines Flow-Erlebnisses ist es ähnlich: Wir sind dabei so vertieft und konzentriert, etwas Neues zu kreieren, dass unser Nervensystem nicht mehr in der Lage ist, unsere Umwelt oder gar unseren eigenen Körper, Gedanken oder Gefühle, die außerhalb der Tätigkeit liegen, wahrzunehmen. Die eigene Existenz wird also während des Schaffensprozesses förmlich aufgehoben.

Kann man Flow-Erlebnisse trainieren?

Wenn Sie die Voraussetzungen und die fünf Komponenten Ihres subjektiven Erlebens während des Handelns innerhalb des Flow-Zustands erfüllen und verinnerlicht haben, können Sie laut Csikszentmihalyi trainieren, sich eigenständig in den Flow-Zustand zu versetzen. Entscheidend ist, dass Sie den Fixpunkt zwischen Unter- und Überforderung erspüren und lernen, diesen selbstständig herbeizuführen: Also sich eine Fähigkeit suchen, auf der Sie Experte sind und die Ihnen Freude bereitet und sich innerhalb dieser einer überdurchschnittlichen Herausforderung stellen, die Sie zwar fordert, aber der Sie aufgrund Ihrer Kenntnisse gewachsen sind.

Ekstase

Spüren Sie an dieser Stelle in sich hinein: Empfinden Sie dabei Ekstase, ist genau dieses Gefühl der entscheidende Motivator, um aus Ihrer Komfortzone bzw. dem Wohlfühlbereich herauszutreten, sich noch mehr Fähigkeiten anzueignen und schlussendlich ein neues Wohlfühl-Level zu erreichen.

Kontrolle

Spüren Sie eher positive Kontrolle, bietet Ihnen diese zwar Sicherheit und befreit Sie von Ängsten, allerdings fehlt Ihnen dann die Ekstase, da Sie keine Herausforderung verspüren. Erhöhen Sie an diesem Punkt den Schwierigkeitsgrad Ihrer Tätigkeit, können Sie wieder in den Flow kommen.

Hat das Flow-Prinzip langfristige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und Produktivität?

Experten betonen und aktuelle Studien zeigen, dass durch die Steigerung von Kreativität und Leistungsfähigkeit auch unsere Stimmung positiv beeinflusst wird. Und wenn die Stimmung besser ist, geht es natürlich auch Körper und Geist besser. Vor allem bei der Arbeit sind Flow-Zustände sehr häufig. Je öfter wir diese erleben, desto positiver empfinden wir unsere Arbeit und sind motivierter. Ein kleines Aber gibt es dennoch: Zwar ist es meist so, dass wir uns während des Flow-Erlebnisses in einer eher stressigen Situation befinden, aber Zeitdruck und herausfordernde Aufgaben können nur dann zu einem Flow-Erlebnis führen, wenn das Stresslevel nicht zu hoch ist und die Balance zwischen Arbeit und Erholungsphasen stimmt. Das Flow-Prinzip greift also eher dann, wenn wir uns ausgeglichen und erholt der jeweiligen Aufgabe widmen.

TED Talk von Mihaly Csikszentmihalyi

„Was macht ein Leben lebenswert?“, fragt Mihaly Csikszentmihalyi. In diesem TED Talk erläutert der Psychologe seine Theorie vom Flow-Erlebnis.

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