Frau erhält eine Behandlung mit Schröpfgläsern auf dem Rücken

Schröpfen: Wie funktioniert es und bei welchen Beschwerden hilft es?

Das sogenannte Schröpfen ist ein sehr altes Naturheilverfahren, das ein fester Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) auf dem Gebiet der Reiztherapie ist. Darüber hinaus wird es auch in anderen Kulturen seit mehr als 3.000 Jahren angewandt, um körperliche Beschwerden zu mindern.

Was ist Schröpfen?

Beim Schröpfen werden glockenförmige Gläser (aus Glas oder Kunststoff) mit einer kreisrunden Öffnung auf die Haut gesetzt, in denen durch Erhitzen (Feuerquelle – wird vor dem Auflegen wieder entfernt) oder Absaugen (mit einem Blasebalg) der Luft ein Unterdruck erzeugt wird. Dieses Vakuum sorgt dafür, dass sich die Blutgefäße weiten und die geschröpfte Stelle stärker durchblutet wird.

Biologische Grundlagen des Schröpfens: Wie die Methode auf den Körper wirkt

Das Schröpfen ist eine uralte Therapieform, die auf der Grundlage von Unterdruck arbeitet. Biologisch gesehen wirkt Schröpfen auf mehrere Ebenen des Körpers:

  • Durchblutungsförderung Der erzeugte Unterdruck stimuliert die kleinsten Blutgefäße (Kapillaren) in der Haut und den darunterliegenden Gewebeschichten. Dieser mechanische Reiz fördert die lokale Durchblutung und den Nährstofftransport. Gleichzeitig werden stagnierende Flüssigkeiten und Abfallstoffe schneller abtransportiert, was den Heilungsprozess fördern kann.
  • Stimulation des Immunsystems Der lokale Reiz aktiviert Immunzellen, die entzündungshemmende Prozesse einleiten. Schröpfen kann zudem die Produktion von Zytokinen fördern, die eine wichtige Rolle bei der Regulation von Entzündungen spielen.
  • Beeinflussung des Nervensystems Schröpfen wirkt auf sensorische Nervenfasern in der Haut, die mit dem vegetativen Nervensystem verbunden sind. Dies kann zu einer Reduzierung von Stresshormonen wie Cortisol führen und einen entspannenden Effekt auf den gesamten Körper haben.
  • Lösen von Muskelverspannungen Der Unterdruck sorgt für eine gezielte Dehnung des Gewebes, wodurch sich verklebte Faszien lockern können. Diese Lockerung reduziert Spannungsschmerzen und fördert die Flexibilität der Muskeln.
  • Entgiftung und Lymphfluss Schröpfen stimuliert den Lymphfluss, ein wichtiger Bestandteil des körpereigenen Entgiftungssystems. Schadstoffe und überschüssige Flüssigkeiten werden effektiver aus dem Gewebe entfernt, was das Wohlbefinden steigern kann.
  • Regulation von Energieflüssen (traditionelle Sicht) Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gleicht Schröpfen sogenannte Qi-Blockaden aus. Qi wird als Lebensenergie betrachtet, die durch spezielle Bahnen im Körper (Meridiane) fließt. Schröpfen hilft, diese Blockaden zu lösen und den Energiefluss wiederherzustellen.

Bei welchen Beschwerden soll Schröpfen helfen?

Das Schröpfen wird unter anderem bei diesen Beschwerden angewandt:

Verspannungen, Muskelverhärtungen (Myogelosen), Hexenschuss, Kniegelenksarthrose, Karpaltunnelsyndrom (Einklemmung des Mittelhandnervs im Handgelenkstunnel), Durchblutungsstörungen, Müdigkeit, Stress, Nerven- und Kopfschmerzen, Leber- und Gallen-Erkrankungen, Verdauungsstörungen, Bluthochdruck, Asthma, Wechseljahresbeschwerden und depressiven Verstimmungen.

Zur Behandlung der Beschwerden bietet sich auch Akupunktur als ergänzende Therapieform an.

Schröpfen ist keine Kassenleistung

Das Schröpfen gehört nicht zum gesetzlichen Leistungskatalog und wird daher nicht von den Krankenkassen übernommen. Besprechen Sie sich vor der Behandlung mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Arzt, ob schröpfen für Sie geeignet ist.

Medizinische Grundlagen des Schröpfens: Wirkmechanismen und wissenschaftlicher Hintergrund

Schröpfen ist eine Methode, die auf der Erzeugung von Unterdruck basiert, um gezielte Effekte im menschlichen Körper hervorzurufen. Medizinisch betrachtet lassen sich die Wirkungen des Schröpfens durch folgende Mechanismen erklären:

  • Verbesserte Mikrozirkulation:Der durch den Unterdruck erzeugte Reiz bewirkt eine Erweiterung der Kapillaren in der Haut und den tieferliegenden Gewebeschichten. Dies steigert die Mikrozirkulation erheblich, wodurch Sauerstoff und Nährstoffe besser zu den betroffenen Bereichen transportiert werden. Gleichzeitig wird der venöse und lymphatische Rückfluss verbessert, wodurch sich entzündliche Prozesse verringern können.
  • Aktivierung von Reflexzonen:In der Schulmedizin ist bekannt, dass bestimmte Hautareale (Headsche Zonen) in direkter Verbindung mit inneren Organen stehen. Schröpfen stimuliert diese Reflexzonen mechanisch und kann so die Funktion der korrespondierenden Organe positiv beeinflussen. Beispielsweise könnte die Behandlung bestimmter Zonen im oberen Rücken die Lungenfunktion unterstützen.
  • Förderung des Lymphsystems:Das Lymphsystem ist ein entscheidender Bestandteil des Immunsystems. Schröpfen regt die Lymphzirkulation an, wodurch Toxine und überschüssige Flüssigkeiten effizienter aus dem Gewebe entfernt werden. Dies trägt zur Entgiftung und einer gesteigerten Immunantwort bei.
  • Hemmung von Entzündungsprozessen:Studien zeigen, dass Schröpfen entzündungshemmende Effekte haben kann. Durch die lokale Reizung wird die Freisetzung von Botenstoffen wie Interleukin-6 oder Tumornekrosefaktor-alpha reguliert, die für entzündliche Prozesse verantwortlich sind. Dies kann insbesondere bei chronischen Entzündungen, wie etwa rheumatischen Erkrankungen, hilfreich sein.
  • Einfluss auf das Nervensystem:Der mechanische Reiz des Schröpfens beeinflusst das vegetative Nervensystem, insbesondere den parasympathischen Zweig. Dies kann eine stressreduzierende Wirkung entfalten, indem es die Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol senkt. Patienten berichten häufig über eine verbesserte Schlafqualität und ein gesteigertes allgemeines Wohlbefinden nach der Behandlung.
  • Klinische Studienlage:Während die Methode aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) stammt, gibt es zunehmend wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit. Eine Reihe von Studien weist auf positive Effekte bei chronischen Schmerzen, Muskelverspannungen und Migräne hin. Dennoch bleibt die Datenlage gemischt, da viele Studien methodologische Schwächen aufweisen. Weitere Forschung ist erforderlich, um die genauen medizinischen Grundlagen des Schröpfens zu validieren.

Wer bietet Schröpfen an?

Die Schröpftherapie wird vornehmlich von Arzt- oder Heilpraktikerpraxen, die auf Naturheilverfahren spezialisiert sind, angeboten. Auch Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Masseure können das Schröpfen anbieten. Beim blutigen Schröpfen empfiehlt es sich, dieses nur von gut ausgebildeten Ärzten oder Heilpraktikern durchführen zu lassen. Grundsätzlich sollte die Behandlung vorher mit dem behandelndem Arzt oder Ärztin besprochen werden.

Information der DÄGf

Ein spezielles Zertifikat für das Schröpfen gibt es nicht. Schröpfen ist zum einen Teil der Grundausbildung der DÄGfA (Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V.), die Ärzte absolvieren müssen, um die Zusatzbezeichnung Akupunktur tragen zu können. Zum anderen ist Schröpfen in Theorie und Praxis auch Teil der Meisterausbildung. In acht Unterrichtseinheiten á 45 Minuten werden dabei Reiztechniken (Ci Fa) vermittelt. Dazu gehören traditionelle Stichtechniken, Schröpfen und Moxibustion, denn Schröpfen, Stechen und Brennen sind Teil der TCM-Therapie. Die Ausbildung richtet sich hauptsächlich an Ärzte. Aber auch medizinisches Personal kann in diesem besonderen Fall vertiefende Grundlagen der TCM erwerben.

DÄGfA

Wo finde ich qualifizierte Schröpfer?

Therapeutenfinder.com

Welche Körperbereiche kann man schröpfen?

In der Regel werden vor allem der Rückenbereich, Arme und Beine geschröpft. Da die Schröpfmethode durchblutungs- und stoffwechselanregend ist, wird sie auch zu kosmetischen Zwecken zur Verbesserung der Hautstruktur beispielsweise bei Cellulite oder zur Hautstraffung angewandt.

Gründliche Voruntersuchung vor dem Schröpfen

Vor dem Schröpfen sollte eine gründliche körperliche Untersuchung hinsichtlich der Beschwerden wie Verspannungen, Muskelverhärtungen und z. B. Durchblutung der Haut erfolgen. Dabei sollte auch der Allgemeinzustand und bestehende Erkrankungen mit berücksichtig werden. Anhand der Untersuchungsergebnisse wird dann entschieden, ob Schröpfen geeignet und welche Schröpfmethode an welchen Stellen angewandt werden soll. In der TCM werden gezielte Akupunkturpunkte geschröpft. Die wichtigsten Schröpfzonen befinden sich auf dem Rücken. Auch die Länge der einzelnen Schröpfanwendungen und die Gesamtdauer werden individuell entschieden.

Welche Schröpfmethoden gibt es?

Das Schröpfen wird in drei Methoden unterteilt:

  • Trockenes beziehungsweise unblutiges Schröpfen Das trockene beziehungsweise unblutige Schröpfen wird vor allem bei chronischen Beschwerden und vorbeugend eingesetzt. Hierbei wird das Schröpfglas für maximal 15 Minuten beispielsweise exakt auf die verspannte oder verhärtete Stelle am Rücken aufgesetzt. Durch Unterdruck saugt sich die Haut in das Schröpfglas, die Durchblutung wird angeregt und die Haut erwärmt sich. Rötungen, blaue Flecken (Hämatome) und Schwellungen können die Folge sein, die nach mehreren Stunden oder Tagen wieder abgeklungen sein sollten. Falls sich schon während des Schröpfens blaue Flecken bilden oder die Schröpfgläser von selbst abfallen, ist die Anwendung beendet. Trockenes Schröpfen kann auch zu Hause angewandt werden. Allerdings sollte dies nur nach ärztlicher Absprache und zur Sicherheit nur mit Schröpfgläsern erfolgen, bei denen der Unterdruck nicht durch eine Feuerquelle, sondern durch einen Blasebalg erzeugt wird.
  • Blutiges Schröpfen Das blutige Schröpfen wird bei akuten Schmerzen angewandt. Hier wird die Haut der Schröpfstelle mit einer Nadel minimal eingeritzt. Durch den Unterdruck saugt das Schröpfglas Blut und Gewebeflüssigkeit aus den kleinen Schnittwunden. Dies soll die Ausleitung schädlicher Stoffe aus dem Körper ermöglichen und den Fluss von Blut und Lymphe verbessern. Zudem sollen durch den Schmerz des Anritzens innere Organe über Reflexe stärker beeinflusst werden. Der Nachteil ist, dass sich die Hautverletzungen infizieren beziehungsweise entzünden können. Strikte Hygienemaßnahmen sind bei dieser Methode daher Pflicht. Die Anwendung beträgt ebenfalls maximal eine viertel Stunde. Tritt bereits vorher kein Blut mehr aus, kann das Schröpfen vorher beendet werden.
  • Schröpfmassage mit Creme oder Öl Bei der Schröpfmassage werden bestimmte Hautpartien zuerst eingeölt oder eingecremt und die Gläser im Anschluss über diese Stellen hin und her bewegt, um den klassischen Massageeffekt zu verstärken. Auch hierbei können blaurote Verfärbungen entstehen.

Ist Schröpfen gefährlich?

Beim Schröpfen entstehen in der Regel blaue Flecken, die allerdings Teil der Behandlung und somit erwünscht sind. Man sollte daher in den ersten Stunden nach der Behandlung nicht duschen oder baden. Starke Schmerzen sind mit dem Schröpfen nicht verbunden. Vorsicht ist beim blutigen Schröpfen geboten, da sich die eingeritzte Haut infizieren und entzünden kann. Da die Gesichtshaut sehr empfindlich ist, muss hier mit höchster Präzision und Vorsicht behandelt werden. Zudem sind die Schröpfgläser für das Gesicht wesentlich kleiner.

Wer sollte sich nicht beziehungsweise nur nach medizinischer Beratung schröpfen lassen?

Bei bestimmten Erkrankungen, Therapien oder in der Schwangerschaft sollte eine mögliche Behandlung nur durch einen speziell ausgebildeten Therapeuten durchgeführt oder gegebenenfalls auf eine Behandlung verzichtet werden. Besprechen Sie dies unbedingt vorher mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt:

  • Einnahme von Blutverdünnern
  • Entzündungen oder Verletzungen der Haut
  • erhöhte Blutungsneigung
  • Ödeme
  • allergische Veränderungen der Haut
  • schwere Herzerkrankungen
  • nach einer Strahlentherapie
  • Hautveränderungen nach Kortisonbehandlung
  • Schwangerschaft

Über das Ärzteportal der DÄGf finden Sie qualifizierte Ärzt*innen in Ihrer Nähe.

Quellen und weiterführende Links zum Schröpfen

Eine Studie des Lehrstuhls für Naturheilkunde der Universität Duisburg-Essen und der Carstens-Stiftung untersuchte die Wirksamkeit des blutigen Schröpfens beim Karpaltunnel-Syndrom. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Reduktion der Beschwerden in der Schröpfgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Dieser Artikel diskutiert verschiedene Erklärungsansätze zur Wirkungsweise des Schröpfens und hebt hervor, dass viele Modelle wissenschaftlich noch nicht vollständig belegt sind. Es werden jedoch plausible Mechanismen wie die Förderung der Durchblutung und die Stimulation des Immunsystems beschrieben.

Diese Dissertation untersucht die Wirksamkeit verschiedener Schröpftechniken bei chronischen unspezifischen Nackenschmerzen und analysiert deren Einfluss auf Schmerzschwellen und Körperwahrnehmung.

FAQ zum Schröpfen