Frühe Einschulung birgt Nachteile bis ins Erwachsenenalter
Eine US-Studie, für die Daten von über einer Millionen Kinder ausgewertet wurden, zeigt, dass sich eine frühe Einschulung auf lange Sicht eher negativ auf die Schulleistung des Kindes auswirken kann.
Dazu verglichen die Wissenschaftler die Schulleistungen von Kindern, die im August geboren wurden – also gerade erst sechs Jahre alt geworden und somit die jüngsten Kinder in einer Klasse sind – mit den Leistungen der Kinder, die im September auf die Welt gekommen sind und somit zu den ältesten Schülern zählen.
So schnitten die älteren Kinder bei ihrer intellektuellen Entwicklung wesentlich besser ab als die jüngeren. Dieser Unterschied zeigte sich auch noch Jahre später. Dementsprechend standen für die September-Kinder die Chancen auf ein gutes College oder eine Universität zu kommen ebenfalls besser.
Eine Studie aus Großbritannien sowie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigen außerdem, dass es August-Kinder wesentlich schwerer haben, akzeptiert zu werden. Sie wurden häufiger gemobbt und von Lehrern in den Bereichen Lesen, Schreiben und Mathematik schlechter als der Klassendurchschnitt beurteilt, mussten häufiger ein Schuljahr wiederholen und besuchten nach der vierten Klasse seltener das Gymnasium. Generell war ihre Schulzeit schwieriger und weniger erfolgreich.
Schulreife individuell betrachten
An solch aussagekräftigen Studienergebnissen sollte natürlich nicht gerüttelt werden. Dennoch ist es wichtig, dass ihr die körperliche und geistige Entwicklung eures Kindes individuell betrachtet und unter den gegebenen Voraussetzungen mit der Schulbehörde und der Schulleitung gemeinsam entscheidet, ob euer Nachwuchs reif genug für eine frühe Einschulung ist oder ob er noch ein weiteres Jahr benötigt, um für den Ernst des Lebens gewappnet zu sein. Ausschlaggebend ist bei eurer Entscheidung auch die Art des Unterrichts in den ersten Schuljahren. Denn während es in den einen Grundschulen gleich um frontalen Unterricht geht, verfolgen andere Schulen die spielerische Art des Lernens.
Folgende Gründe sprechen für …
… eine späte Einschulung
Ist euer Kind zum Beispiel noch sehr verspielt, schüchtern oder unsicher und kann nicht lange still sitzen, ist es wahrscheinlich noch nicht reif für den Unterricht. Auch sehr kleine und zierliche Kinder können es bei einer frühen Einschulung schwer haben, sich vor älteren Mitschülern zu behaupten und vom Lehrpersonal wahrgenommen zu werden. Ein fünfjähriges Kind benötigt in der Regel auch noch wesentlich mehr Aufmerksamkeit. Lehrer können diesem Bedürfnis nicht gerecht werden. Statt einzelner Belange, zählen in der Schule die der gesamten Klasse. Ein junges Kind kommt damit meist nur schwer zurecht. Sind Schulbehörde und Schulleitung dennoch von der Schulreife eures Kindes überzeugt, wird es leider schwierig für euch, eine Rückversetzung durchzuboxen. Ihr solltet dennoch alles versuchen, damit eure Bedenken erhört werden.
… eine frühe Einschulung
Fühlt sich euer Kind bereits in der Vorschule unterfordert, kann sich über einen längeren Zeitraum gut konzentrieren und vor anderen behaupten, könnt ihr eine frühe Einschulung mit fünf oder gerade sechs Jahren guten Gewissens befürworten. Habt ihr dabei die freie Entscheidung, weil euer Kind laut Schulbehörde sogar noch ein Jahr Zeit hat, versucht eurem Kind bewusst zu machen, wie ein Schultag abläuft und dass es noch mal ein großer Unterschied zum Kindergarten oder zur Vorschule sein wird. Ihr könnt euch in einer Schule auch einfach mal erkundigen, ob euer Knirps dort einen Schnuppertag verbringen darf. Dies ist zwar nicht die Regel, aber einen Versuch ist es wert und wird euch bei der Entscheidung helfen. Ihr habt Zweifel, obwohl euer Kind Feuer und Flamme ist? Dann genießt lieber noch ein Jahr die schulfreie Zeit und gebt eurem Nachwuchs die Möglichkeit, in der Vorschule, zu Hause oder mithilfe eines anspruchsvollen Hobbys seinem Lerneifer bis zur Einschulung gerecht zu werden. 🙂
Einschulungsstichtag legt Regelschulpflicht fest
Jedes Bundesland darf über den Einschulungsstichtag relativ frei entscheiden. Die Zeitspanne liegt derzeit zwischen dem 30. Juni und 30. September. Der Stichtag bedeutet, dass alle Kinder, die bis zum jeweiligen Tag sechs Jahre alt geworden sind, im selben Jahr eingeschult werden müssen und damit schulpflichtig sind. Zudem haben Eltern die Möglichkeit, ihr Kind auf Antrag früher einzuschulen, sofern das Kind offiziell schulreif ist. Oft betrifft das die Kinder, die am Stichtag der Einschulung fünf und zum Schulbeginn gerade sechs Jahre alt sind. Auch eine Zurückstufung ist möglich. Allerdings müssen dafür erhebliche gesundheitliche Gründe vorliegen. Berlin ist nach dem 30. Dezember immerhin zum 30. September zurückgerudert. Dies liegt vor allem daran, dass die Zahl der Kinder, die früh eingeschult werden, rückgängig ist. Mittlerweile sprechen sich immer mehr Eltern öffentlich für eine Rückverlegung auf den 30. Juni aus. In NRW rief eine Mutter eine Online-Petition gegen den 30. September ins Leben und stieß damit auf großen Zuspruch. Über 42.000 Personen stimmten ihrer Forderung zu. Eine weitere Petition wurde in Bayern auf den Weg gebracht. Auch dort fordern Eltern, dass der Stichtag wieder auf den 30. Juni zurückverlegt wird.
Hier findet ihr die Stichtage aller Bundesländer.