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streitende Kinder

Giraffensprache: So lernen Kinder gewaltfreie Kommunikation

Konflikte sind keine schöne Angelegenheit. Doch gerade in der Corona-Pandemie liegen die Nerven bei Eltern und Kindern durch Homeschooling, Homeoffice und weitere familiäre Herausforderungen schnell mal blank. Umso schöner wäre es doch, seine Gefühle, Bedürfnisse und Bitten nicht vorwurfsvoll, sondern empathisch und dennoch klar und deutlich zu kommunizieren. Mit dem Konzept der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg – auch Giraffensprache genannt – gehören Streitgespräche, Vorwürfe und beleidigende Aussagen mit ein wenig Übung bald der Vergangenheit an.

Egal wie wütend oder gestresst ihr seid – (verbale) Gewalt gegen Kinder oder Bannboschaften und Liebesentzug sind nicht die richtigen Maßnahmen, um eure Kinder zu respektvollen, empathischen und selbstbewussten Menschen zu erziehen. Mit gewaltfreier Kommunikation (Giraffensprache) könnt ihr dagegen viel erreichen.

Was sind die Vorteile der gewaltfreien Kommunikation?

Mithilfe der gewaltfreien Kommunikation (engl. Nonviolent Communication) könnt ihr durch Ich-Botschaften eure eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Bitten ausdrücken, ohne zu drohen, zu kritisieren oder zu verurteilen. Zudem lernt ihr, Beobachtungen und Bewertungen voneinander zu unterscheiden. Bei einer Bewertung, die die Situation noch mehr aufheizt, benutzen wir meist vorwurfsvolle Du-Botschaften und übertriebene Verallgemeinerungen wie "immer" oder "nie".   

Außerdem könnt ihr euer Einfühlungsvermögen stärken. Denn auch wenn euer Gegenüber die gewaltfreie Kommunikation nicht anwendet, könnt ihr durch feindselige Äußerungen den versteckten Gefühlen und Bedürfnissen eures Gegenübers auf die Spur kommen.  

Und jetzt denkt nur mal daran, dass beide „Parteien“ die gewaltfreie Kommunikation anwenden. Ist es nicht unglaublich schön, wenn beide Verständnis für die Situation ihres Gegenübers haben, sie gemeinsam einen Weg finden, mit dem sich beide anfreunden können beziehungsweise ein Nein akzeptieren können, weil man sich immer noch respektiert und verstanden fühlt?

Bevor ihr diese Kompetenz weitergeben könnt, müsst ihr natürlich selbst erst mal wissen, wie gewaltfreie Kommunikation funktioniert.

Gewaltfreie Kommunikation in vier Schritten

Es ist nicht schwer - gewaltfreie Kommunikation üben

  1. Beobachtung/Wahrnehmung
    Zuerst geht es darum, dass ihr eurem Gegenüber – in diesem Fall eurem Kind – eine wertfreie Beobachtung schildert:

    „Du hast dein Zimmer nicht aufgeräumt.“ (Statt: „Nie räumst du dein Zimmer auf!“)
  2. Gefühl
    Im zweiten Schritt sagt ihr, was ihr dabei fühlt:

    „Das macht mich traurig/wütend.“
  3. Bedürfnis
    Durch euer Gefühl könnt ihr euer Bedürfnis erkennen und benennen:

    „(Das macht mich traurig,) denn ich wünsche mir mehr Wertschätzung/Respekt.“
  4. Bitte
    Im letzten Schritt könnt ihr aus eurem Bedürfnis heraus eine Bitte (konkrete Handlung) an euer Kind formulieren:

    „Könntest du jetzt bitte dein Zimmer aufräumen?“

Und damit ihr euch diese vier Schritte noch besser einprägen könnt, hat Rosenberg sie zu einer Faustformel zusammengefasst:

Wenn ich a sehe (Beobachtung), dann fühle ich b (Gefühl), weil ich c brauche (Bedürfnis). Deshalb möchte ich jetzt gern d (Bitte).

Was ist die Giraffensprache?

Wenn ihr selbst die gewaltfreie Kommunikation verinnerlicht habt, könnt ihr diese auch euren Kindern beibringen. So lernt euer Nachwuchs spielerisch, seine eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu erspüren und zu benennen, einen Konflikt fair zu lösen und ganz nebenbei trainiert er auch noch seine Sprachkompetenz. Um das Konzept der gewaltfreien Kommunikation Grundschulkindern noch besser zu veranschaulichen, greift Rosenberg hier auf zwei Symbolfiguren aus dem Tierreich zurück:

Giraffe – Giraffensprache (Sprache des Herzens)

Die Giraffe ist das Landtier mit dem größten Herzen. Mit ihrem langen Hals überblickt sie mit genügend Abstand die gesamte Situation (Beobachtung) und fragt sich, welche negativen Gefühle sie wahrnimmt, welches Bedürfnis und welche Bitte für sie daraus resultieren. Die Giraffe ist zudem wertschätzend, sie zeigt ihrem Gegenüber, dass sie ihn nicht verletzen oder bestrafen, sondern gemeinsam zum Ziel kommen will und daher auch Verständnis für seine Gefühle und Bedürfnisse hat.

Doch die Giraffe hat einen gemeinen Kontrahenten:

Wolf – Wolfssprache (Sprache der Herrschaft)

Der Wolf ist viel kleiner und überblickt die Situation nicht, sondern ist der Mittelpunkt des Geschehens und immer auf der Jagd nach dem Schuldigen. Die Wolfssprache ist die Quelle der Gewalt (lebensentfremdete Kommunikation). Hier geht es im Kern darum, jemanden als Verlierer dastehen zu lassen, indem der Wolf sein Gegenüber zum Beispiel kritisiert, beleidigt, bestraft, bedroht, bewertet, manipuliert etc.

So lernen Grundschulkinder die vier Schritte der Giraffensprache

Übt einfach gemeinsam die Giraffensprache

  1. Beobachten
    Macht alle mit den Händen eine Kamera vor euren Augen und erzählt, was ihr seht und hört.
  2. Gefühl
    Legt die Hand auf euer Herz und sagt, was ihr fühlt.
  3. Bedürfnis
    Legt dann eure Hand auf euren Bauch und sagt, was ihr braucht/welches Bedürfnis ihr habt.
  4. Bitte
    Im letzten Schritt legt ihr beide Hände zusammen und sprecht eure Bitte aus.

Übung macht den/die Meister*in

Natürlich benötigen vor allem jüngere Kinder reichlich Übung, bis sie die Giraffensprache (gewaltfreie Kommunikation) verinnerlicht haben und im richtigen Moment darauf zurückgreifen können. Rutschen sie dennoch wieder in die Wolfssprache, bittet sie, alles noch mal in der Giraffensprache zu formulieren. Gleiches gilt natürlich auch für euch. 😉