Zwischen zehn und 15 Prozent der Grundschüler leiden unter einer Tic-Störung. Betroffen sind hauptsächlich Kinder im Alter zwischen sechs und acht Jahren, doch auch zwei- bis dreijährige können schon einen Tic entwickeln. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen und meist handelt es sich um motorische Tics. Oft zeigt sich die Verhaltensstörung auch anhand unterschiedlicher Tics, die gleichzeitig stattfinden können und nicht steuerbar sind. In der Regel dauern diese kleinen Tics bei Kindern zwischen sechs und zwölf Wochen an und verschwinden dann meist wieder.
Chronische Tic-Störung, Tourette oder Epilepsie?
Eine chronische Verhaltensstörung liegt erst vor, wenn die Tics mehr als zwölf Monate andauern. Und auch das bedeutet nicht, dass die Tic-Störung nie mehr verschwindet. Bei den meisten Kindern werden die Symptome mit fortschreitendem Alter weniger oder bilden sich ganz zurück. Von einem Tourette-Syndrom spricht man dann, wenn motorische und vokale Tics mehrmals am Tag beziehungsweise in Serien und über eine Zeitspanne von mehr als einem Jahr auftreten. Am Tourette-Syndrom leidet in Deutschland allerdings gerade mal ein Prozent der Bevölkerung. Es tritt also nur sehr selten auf. Zudem leiden die Betroffenen häufig auch unter ADHS, Zwängen, Depressionen oder Ängsten. Tics werden außerdem häufig mit einer Epilepsie gleichgesetzt. Allerdings unterscheiden sich beide Krankheitsbilder deutlich voneinander. So sind epileptische Anfälle wesentlich konstanter. Welche Störung oder Erkrankung vorliegt, kann ausschließlich ein Arzt diagnostizieren.
Welche Tic-Störungen bei Kindern gibt es?
Tics werden in einfache und komplexe motorische und vokale Störungen unterteilt.
- Einfache motorische Tics:Augenblinzeln, Augenrollen, Augenzwinkern, Grimassen, Stirnrunzeln, Kopfschütteln, Schulterzucken, Mundöffnen
- Komplexe motorische Tics:Hüpfen, Springen, Stampfen, Kreisen, Klopfen, Kratzen, Beißen, Schlagen
- Einfache vokale Tics:Räuspern, Hüsteln, Schnäuzen, Bellen, Grunzen, Spucken, laute Atemgeräusche
- Komplexe vokale Tics:Pfeifen, Summen, Schreien
Woher kommen Tic-Störungen bei Kindern?
Was genau eine Tic-Störung bei Kindern verursacht, ist bislang nicht erwiesen. Allerdings ist sicher, dass die genetische Veranlagung dabei eine große Rolle spielt. Leidet also bereits ein anderes Familienmitglied unter einem Tic, steigt auch beim Nachwuchs das Risiko, eine Tic-Störung zu entwickeln.
Wie werden Tics bei Kindern behandelt?
Generell solltet ihr bei Auffälligkeiten immer zeitnah einen Kinderarzt, Neurologen oder Kinderpsychiater aufsuchen. In den wenigsten Fällen ist es notwendig, die Tic-Störung medizinisch zu behandeln. Ist sie allerdings chronisch beziehungsweise stärker ausgeprägt, kann bei Kleinkindern eine Spieltherapie und bei älteren Kindern/Jugendlichen eine Verhaltenstherapie verordnet werden. Die Verhaltenstherapie dient in diesem Fall dazu, den möglichen Tic bereits zu unterbinden, bevor er zum Vorschein tritt. Denn meist berichten ältere Kinder von einem ganz bestimmten Vorgefühl, das dem Tic vorausgeht. Bislang gibt es allerdings keine wissenschaftlichen Indizien dafür, dass solch eine Therapie den Störungsverlauf positiv beeinflusst. Zudem kann bei schweren Tic-Störungen begleitend eine medikamentöse oder homöopathische Therapie erfolgen.
Wie könnt ihr eurem Kind bei einer Tic-Störung helfen?
- Tic nicht thematisieren: Vermeidet es, euer Kind ständig darauf anzusprechen, dass es einen Tic hat und ermutigt es nicht dazu, diesen zu unterdrücken. Damit bewirkt ihr eher das Gegenteil und der Tic verschlimmert sich möglicherweise noch. Signalisiert ihm stattdessen, dass alles ok mit ihm ist und es sich für seine Tics nicht verstecken oder schämen muss. Habt ihr einmal darüber gesprochen, könnt ihr die Tic-Störung danach also im besten Fall einfach ausstehen und ignorieren.
- Stress reduzieren: Stellt ihr beispielsweise fest, dass euer Kind vor allem dann mit Tics reagiert, wenn es gestresst oder überfordert ist, versucht, den Stress zu reduzieren. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn euer Nachwuchs zu vielen Hobbys nachgeht, wenn Prüfungen bevorstehen oder es Probleme in der Familie gibt. Auch ein Burnout bei Kindern ist heutzutage leider keine Seltenheit mehr.
- Entspannte Ablenkung: Tics können sich auch in Ruhephasen wie zum Beispiel beim Fernsehen, Lesen oder bei Müdigkeit bemerkbar machen. Auch dann gilt es, die Tics nicht zu thematisieren, sondern für entspannte Ablenkung zu sorgen.