BSG: Krankengeld auch bei verspäteter AU-Meldung

Ein Anspruch auf Krankengeld besteht für einen Arbeitnehmer auch dann, wenn seine Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt verspätet festgestellt worden ist. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan und rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden beziehungsweise -erhaltenden zeitlichen Grenzen der Vorlage versucht hat, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts hervor (BSG, Urteil vom 21. September 2023, L 5 KR 40/19).

In dem verhandelten Sachverhalt ging es um eine Arbeitnehmerin, die fortlaufend und über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 30. April 2018 hinaus Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit bezog. Diese wurde zuletzt ärztlich festgestellt bis voraussichtlich Sonntag, 17. Juni 2018. Die Klägerin suchte ohne vorherige Terminvereinbarung am 18. Juni 2018 die Arztpraxis auf, um die weitere Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen. Wegen des hohen Patientenaufkommens erhielt sie jedoch einen Termin für den 20. Juni 2018, an dem die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wurde.

Die Zahlung von weiterem Krankengeld ab dem 18. Juni 2018 lehnte die Krankenkasse ab, weil die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit erst am 20. Juni 2018 ärztlich festgestellt worden sei und diese Feststellungslücke die Mitgliedschaft aus dem Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit Anspruch auf Krankengeld nicht aufrechterhalten habe.

Die Vorinstanzen und auch das BSG haben der Klägerin Recht gegeben und die Krankenkasse zur durchgehenden Zahlung von Krankengeld verurteilt. Nach Auffassung des BSG hat der Versicherte dafür Sorge zu tragen, dass eine rechtzeitige ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Feststellung erfolgt. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind aber enge Ausnahmen anerkannt worden, bei deren Vorliegen der Versicherte so zu behandeln ist, als hätte er von dem aufgesuchten Arzt rechtzeitig die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erhalten. Einem „rechtzeitig“ erfolgten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit steht es danach gleich, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat und rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden beziehungsweise -erhaltenden zeitlichen Grenzen versucht hat, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten. Dazu zählt auch, wenn er ohne zuvor vereinbarten Termin am ersten Tag nach einer zuvor festgestellten Arbeitsunfähigkeit die Praxis des behandelnden Arztes zu üblicher Öffnungszeit persönlich aufsucht, um wegen derselben Krankheit eine Arbeitsunfähigkeits-Folgefeststellung zu erlangen.