Wenn eine Zielvorgabe erst so spät innerhalb des maßgeblichen Geschäftsjahres erfolgt, dass sie ihre Anreizfunktion nicht mehr sinnvoll erfüllen kann, ist sie als nicht erfolgt zu betrachten. Laut Landesarbeitsgericht Köln ist die Zielvorgabe als verspätet anzusehen, wenn das Geschäftsjahr bereits zu mehr als drei Vierteln abgelaufen ist.
Im vorliegenden Fall klagte ein Arbeitnehmer, dessen Gehalt sich aus einem Fixgehalt und einer variablen Vergütung zusammensetzte. Die Höhe der variablen Vergütung wurde vom Erreichen bestimmter Ziele abhängig gemacht. Vertraglich vereinbart war, dass der Mitarbeiter bis zum 1. März des Kalenderjahres eine zuvor mit ihm besprochene Zielvorgabe erhalten sollte, die zu 70 Prozent aus Unternehmenszielen und zu 30 Prozent aus individuellen Zielen besteht. Gemäß der Vereinbarung richtet sich der variable Gehaltsbestandteil nach der Zielerreichung des Mitarbeiters, die im Februar des Folgejahres nach Feststehen des Jahresabschlusses ermittelt werden sollte.
Die Vorgabe der Unternehmensziele für das Jahr 2019 erfolgte dem Arbeitnehmer gegenüber jedoch erst im Herbst 2019. Der Mitarbeiter kann nach Ansicht des LAG Köln vom Arbeitgeber den Ersatz des Schadens verlangen, der dadurch eingetreten ist, dass der Arbeitgeber die Ziele verspätet festgesetzt hat. Nach Auffassung des Gerichts ist eine Zielvereinbarung spätestens nach Ablauf der Zeit, für die ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer Ziele zu vereinbaren hat, nicht mehr möglich. Eine Zielvereinbarung könne entsprechend dem Leistungssteigerungs- und Motivationsgedanken ihre Anreizfunktion nur dann erfüllen, wenn der Arbeitnehmer bereits bei der Ausübung seiner Tätigkeit die ihm gesteckten Ziele kenne und wisse, auf das Erreichen welcher persönlichen und unternehmensbezogenen Ziele der Arbeitgeber in dem jeweiligen Zeitraum besonderen Wert lege. Eine dem Sinn und Zweck einer Zielvereinbarung gerecht werdende Aufstellung von Zielen für einen vergangenen Zeitraum sei deshalb nicht möglich, befand das Gericht. Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen.
Urteil des LAG Köln vom 6. Februar 2024, 4 Sa 390/23