Zeiten, die für das Umkleiden vor und nach der Arbeit, für die Körperreinigung nach der Arbeit und für die Wege von der Umkleide an den Arbeitsplatz und vom Arbeitsplatz zur Umkleide anfallen, sind gemäß § 611a Abs. 2 BGB vergütungspflichtig. Das hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg entschieden (LAG Nürnberg, Urteil vom 6. Juni 2023, 7 Sa 275/22).
Mitarbeiter forderte Vergütung nach
Geklagt hatte ein Mann, der als Containermechaniker beschäftigt ist. In dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag ist keine Regelung zu Zeiten des Umkleidens und des Waschens als vergütungspflichtiger Arbeitszeit enthalten. In einer Gesamtbetriebsvereinbarung des Unternehmens ist vorgegeben, dass sich die Mitarbeiter zum jeweils festgelegten Arbeitsbeginn in Arbeitskleidung am Arbeitsplatz befinden müssen. In einer Betriebsvereinbarung zur Regelung der betrieblichen Arbeitszeiten ist festgelegt, dass die tägliche Arbeitszeit mit Abschluss der jeweils zugeteilten Arbeit oder der entsprechenden Anweisung des Vorgesetzten endet. Der Mitarbeiter verlangte, dass die Zeiten, die er für das Umkleiden und Duschen nach der Arbeit benötigt, zur Arbeitszeit gerechnet und entsprechend vergütet werden. Ebenfalls vergütungspflichtig sind seiner Meinung nach die innerbetrieblichen Wegezeiten für die Strecke zwischen Umkleide und seinem Arbeitsplatz.
Der Arbeitgeber vertrat dagegen den Standpunkt, die geltend gemachten Zeiten seien keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten. Er verwies auf die fehlende Regelung im Tarifvertrag. Die Gesamtbetriebsvereinbarung und die Betriebsvereinbarung würden zeigen, dass die Arbeitszeit am Arbeitsplatz beginne und ende. Darüber hinaus bestritt der Arbeitgeber die vom Mitarbeiter behaupteten Wege-, Umkleide- und Waschzeiten. Diese seien zu unbestimmt. Das Duschen sei weder angewiesen noch aus Gründen des Gesundheitsschutzes erforderlich.
Urteil: Zeiten fürs Umkleiden und Waschen sind vergütungspflichtig
Das LAG Nürnberg entschied, dass die Umkleidezeiten vor und nach der Arbeit vergütungspflichtige Arbeitszeit sind. Es verwies dabei auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb zur Arbeitsleistung gehört. Ebenfalls als vergütungspflichtige Arbeitszeit wertete das LAG Nürnberg die innerbetrieblichen Wegezeiten des Mitarbeiters von der Umkleide zum Arbeitsplatz zu Beginn der Arbeit und zurück nach der Arbeit.
Die Frage, ob Waschen bzw. Duschen nach der Arbeit zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehört, ist gemäß dem Urteil des LAG Nürnberg dann zu bejahen, wenn die Körperreinigung durchgeführt werden muss, weil die Verunreinigung des Körpers deutlich über das Maß hinausgeht, das üblicherweise im Privatleben anfällt. Diese Voraussetzung liegt nach Ansicht des LAG bei der konkreten Tätigkeit des Containermechanikers vor. Die Verschmutzung des Körpers, die bei seiner Arbeit anfällt, geht nach Auffassung des Gerichts weit über die übliche Verschmutzung im Verlauf eines Tages hinaus. Es sei auch nicht zumutbar, dass ein Arbeitnehmer in diesem Verunreinigungszustand seine private Kleidung anzieht und so sein Privatleben nach der Arbeit aufnimmt, entschied das LAG. Die Körperreinigung sei damit notwendiger Bestandteil der vom Mitarbeiter geschuldeten Arbeit und damit Arbeitszeit.