Babys fallen vom Wickeltisch oder aus dem Hochstuhl, Kinder toben und raufen - klar, führt all das auch mal zu Verletzungen. Schürfwunden und kleine Beulen sind zwar schmerzhaft, aber heilen meist komplikationslos wieder ab – kurz pusten, Pflaster drauf, den Schock verarbeiten und oft ist dann auch schon wieder alles gut. Aber Kinder verletzen sich oft schwerer, als uns bewusst ist. Besonders Gehirnerschütterungen sind keine Seltenheit. Expert*innen schätzen, dass pro Jahr rund 200.000 Kinder und Jugendliche ein Schädel-Hirntrauma erleiden und gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. Aber warum?
Wieso sind Gehirnerschütterungen bei Kindern oft undiagnostiziert?
Weil wir die Symptome oft herunterspielen. Speziell Jugendliche lassen sich trotz Symptome seltener untersuchen. Aber auch bei Babys und Kindern gehen Eltern nicht gleich zu Kinderärztin oder Kinderarzt. Ebenfalls empfehlen Erzieher*innen, Lehrer*innen und Trainer*innen nicht gleich eine ärztliche Untersuchung, wenn sich die Kids gerauft, einen Ball abbekommen haben oder vom Klettergerüst gefallen sind. Häufig gehen Erwachsene auch davon aus, dass ein Kind große Schmerzen hat und beispielsweise schreit oder weint, wenn es sich ernsthaft verletzt hat. Dies ist allerdings gerade bei einer Gehirnerschütterung meist nicht der Fall, da sie oft mit einer kurzen Bewusstlosigkeit einhergeht.
Hier passieren die meisten Unfälle mit Kindern
Was sind die Symptome einer Gehirnerschütterung bei Kindern?
- Bewusstlosigkeit
- Übelkeit/Erbrechen – während das Erbrechen direkt nach dem Sturz eher durch den Schreck passiert, ist das spätere und mehrmalige Erbrechen ein Anzeichen für eine Verletzung des Gehirns
- Kopfschmerzen
- Schwindel/Gleichgewichtsstörungen
- Seh- und Hörstörungen
- verwaschene Sprache
- Orientierungslosigkeit
- Probleme, sich zu erinnern
Symptome eine länger anhaltenden Gehirnerschütterung
- Kopfschmerzen
- Konzentrationsprobleme
- Erschöpfung
- Schlafstörungen
- Ängste
- Gedächtnisstörungen (z. B. Erinnerungslücken, Wortfindungsstörungen etc.)
- Gereiztheit
Wie lange dauert eine Gehirnerschütterung?
Zwar klingen bei den meisten Kindern und Jugendlichen die Symptome nach ein bis zwei Wochen wieder ab. Bei rund 30 Prozent halten die Beschwerden allerdings länger als vier Wochen an, bei etwa fünf Prozent sogar über ein Jahr.
Gehirnerschütterung beim Kind – was ist jetzt zu tun?
- Hat sich euer Kind durch einen Sturz, Aufprall oder Schlag am Kopf verletzt, sorgt für Ruhe, behandelt es liebevoll und achtet auf seine Verfassung und mögliche Symptome.
- Zeigt es Symptome wie starke Kopfschmerzen, Übelkeit und häufigeres Erbrechen, ist euer Kind nicht wehleidig, sondern krank und sollte auf jeden Fall ärztlich untersucht werden. Gleiches gilt für große Beulen und tiefe/große Wunden.
- Bei einer Gehirnerschütterung sollte euer Kind vor allem ruhen und schlafen. Besonders Babys und kleinere Kinder schlafen nach einer Kopfverletzung meist länger als gewöhnlich. Das ist normal und gut, weil sich das Gehirn im Schlaf regeneriert. Gleichzeitig kann es Eltern Sorgen bereiten, wenn Kinder aufgrund eines Schädel-Hirn-Traumas mehr schlafen. Besprecht eure Bedenken dann zur Sicherheit noch mal mit eurem/eurer Ärzt*in.
- Kita- und Schulkinder sollten in den ersten Tagen zu Hause bleiben und vor allem keine Tests oder Arbeiten schreiben und natürlich auch keine Sportwettkämpfe oder Ähnliches absolvieren. Befreit sie daher auch von allen sportlichen Tätigkeiten und von Hobbys wie Musikunterricht.
- Alles, was euer Kind gerade stresst und wo es sich besonders anstrengen muss, ist speziell in den ersten Tagen nach der Gehirnerschütterung schlecht, aber auch dann, wenn euer Kind länger unter den Folgen eines SHTs leidet.
- Sprecht in diesen Fällen mit dem Schulpersonal und den Erzieher*innen. Zwar muss und kann euer Kind nicht die ganze Zeit zu Hause bleiben – vor allem dann nicht, wenn es mehrere Monate Symptome zeigt. Dennoch ist es wichtig, dass ihr es ruhig angeht und es die Zeit zur Genesung bekommt, die es benötigt.
- Bei längeren Symptomen gilt bei Schulkindern: Das Lehrpersonal und die Klassenkamerad*innen müssen im Bilde sein, um euer Kind nicht zu überfordern oder zu gefährden. Raufereien, Spielplätze, Ballspiele und andere Spiele mit viel körperlicher Aktivität sind erstmal tabu. Kindergartenkinder sollten ganz zu Hause bleiben, sofern möglich.
- Hat euer Kind Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, überlegt gemeinsam mit dem Lehrpersonal, wie viele Hausaufgaben und Prüfungen es bewältigen kann und ob vielleicht an manchen Tagen auch Homeschooling infrage kommt, sofern es eurem Kind guttut. Auch eine Nachhilfe auf Zeit kann in dieser Phase hilfreich sein, um trotz aller Beschwerden nicht den Anschluss zu verlieren.
- Zu guter Letzt gilt auch beim Treffen mit Freund*innen und bei Familienfesten: Achtet auf die Verfassung eures Kindes und handelt danach. Zu laute und unruhige oder gar stressige und körperlich überfordernde Aktivitäten sind nicht zu empfehlen, bis euer Nachwuchs wieder beschwerdefrei ist.
Wann ist eine Gehirnerschütterung gefährlich?
In der Regel ist eine Gehirnerschütterung nicht gefährlich, da es sich meist um eine leichte Form handelt. Um welche Form es sich handelt, kann aber nur durch eine medizinische Untersuchung beurteilt werden. In ganz seltenen Fällen kann es auch zu einer lebensgefährlichen Hirnblutung kommen. Die tritt meist wenige bis 48 Stunden nach der Verletzung ein.
Gerade wenn euer Kind eine großflächige Beule – auch kissenartige Beule genannt – oder Schwellung am Kopf hat, solltet ihr sie unbedingt im Krankenhaus versorgen und den Kopf mithilfe von CT oder MRT untersuchen lassen. Bei Babys mit offener Fontanelle kann eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) gemacht werden.
Besteht eine schwere Gehirnverletzung, bleibt euer Kind zur Überwachung ein bis zwei Tage im Krankenhaus, um bei einer Hirnblutung rechtzeitig medizinische Maßnahmen einleiten zu können.
Was sind die Symptome einer Gehirnblutung?
Bei einer Gehirnblutung treten die Symptome meist stark zeitverzögert auf.
- Müdigkeit/Schläfrigkeit
- Erbrechen
- Schwindel
- Seh- und Hörstörungen
- Koordinationsstörungen
- Krämpfe
- Lähmungen