Baby sitzt auf dem Bett, hält eine Hand ans Ohr und guckt unglücklich in die Kamera

Ohrlöcher stechen bei Babys und Kleinkindern: In Ordnung oder Körperverletzung?

Wie steht ihr zum Thema Ohrlöcherstechen bei Babys und Kleinkindern? Die Weihnachtszeit passt doch ideal, um die Jüngsten mit den ersten funkelnden Ohrsteckern zu schmücken. Aber es ist weniger der besondere Anlass und mehr die Annahme, dass speziell Babys und Kleinkinder den „kurzen Schmerz“ ganz schnell wieder vergessen. Doch erstens stimmt das nicht und zweitens bergen Ohrringe bei Babys und Kleinkindern weitere Risiken. Deshalb rät unter anderem der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) von Ohr-Piercings bei Babys und Kleinkindern unbedingt ab!

Ab wann darf man Kindern laut Gesetz Ohrlöcher stechen?

Zwar setzen sich immer wieder der BVKJ, Juwelier*innen und Eltern dafür ein, das Ohrlöcherstechen bei Babys und Kleinkindern zu verbieten, aber bislang gibt es noch kein Gesetz, das dies untersagt. Rechtlich ist es Eltern also erlaubt, bereits einem Säugling das Ohrlochstechen zuzumuten und ihn dem Schmerz, Schock und einer Vielzahl an gesundheitlichen Risiken auszusetzen. Verantwortungsvolle Juweliere und Piercingstudios legen daher häufig selbst ein Mindestalter für Ohrlöcher fest.

Welche Risiken hat das Ohrlöcherstechen bei Babys und Kleinkindern?

Gesundheitliche Risiken

Eigentlich müsste man ja in vielen Fällen vom Ohrlochschießen statt Ohrlochstechen reden, denn häufig werden Ohrlöcher mit einer Pistole durch das Ohr geschossen. Eine Ohrlochpistole erhöht allerdings das Risiko einer Infektion enorm, da eine Pistole nicht komplett desinfiziert beziehungsweise sterilisiert werden kann. Denn das Abwischen mit einem sterilen Mittel genügt nicht, um die Pistole und den Stechvorgang komplett steril zu halten.

Grundsätzlich kann sich nicht nur das Ohrläppchen entzünden, sondern auch der Knorpel. Wird schlecht gestochen oder/und entsteht eine Infektion, kann sich hinter dem Ohr auch eine Blut- oder Eiterblase bilden.

Risiken im Überblick:

Mann sitzt auf einer Treppe mit Smartphone in der Hand

Digitale Services und Versorgung bei der BIG

Mit unseren digitalen Services erledigt ihr Krankenkassen-Themen wie Rechnungen einreichen oder Adresse ändern unkompliziert nebenbei. Außerdem profitiert ihr von einer Vielzahl an geprüften Online-Programmen wie einer Schlaf- und Entspannungs-App, einem Online-Sehtraining und einer Artikulationstrainings-App für eure Kinder.
Jetzt informieren
  • Infektionen/Entzündungen durch unsteriles Material und anfassen/knibbeln/reißen am Ohrloch
  • allergische Reaktionen: vor allem durch Nickel – kann sich nicht nur in den Ohrsteckern, sondern auch in den Nadeln befinden
  • Schmerzen, Ekzeme (speziell bei einer bereits bestehenden Wundheilungsstörung und Hauterkrankungen wie Neurodermitis)
  • Narben, Wucherungen (Keloid) der Ohrläppchen
  • Blutblasen/Eiterblasen an/hinter den Ohrläppchen
  • eingewachsene Ohrstecker
  • Gabe von Antibiotikum und anderen Medikamenten
  • Blutvergiftung

Mögliche Spätfolgen

Gerade bei Babys und Kleinkindern besteht die Gefahr, dass sie nach dem Stechen aufgrund des Heilungsprozesses und/oder des Fremdkörpergefühls – besonders nachts am Ohrläppchen beziehungsweise am Ohrring kratzen, ziehen usw. Das kann so weit gehen, dass sie sich den Ohrstecker rausreißen und das Ohrläppchen einreißt. Mal ganz abgesehen von den Schmerzen, dem Schock und den Narben kann dies sogar eine Operation nach sich ziehen. Narben sowie deformierte bis entstellte Ohrläppchen sind daher ebenfalls möglich. Auch können sich die Ohrlöcher durch das Wachstum noch verschieben.

Vertrauensbruch

Bedenkt immer, dass ihr Babys und Kleinkinder noch nicht nach ihrer Zustimmung fragen könnt. Ihr entscheidet also über einen Menschen und seinen Körper – und das über seinen Kopf hinweg. Dieser Vertrauensbruch kann zu wachsendem Misstrauen und Ängsten euch und anderen gegenüber führen.

Ab welchem Alter ist Ohrlochstechen in Ordnung?

Die Frage sollte also nicht lauten: Ab wann darf man Babys oder Kleinkindern Ohrlöcher stechen, sondern ab welchem Alter ist Ohrlöcherstechen in Ordnung?

Ärzt*innen raten Kindern erst dann Ohrlöcher stechen zu lassen, wenn sie selbst in der Lage sind, den Stechvorgang ein- und die Risiken abschätzen zu können. Babys und Kleinkinder sollten daher noch keine Ohrlöcher erhalten. Ein sinnvoller Zeitpunkt ist ungefähr die Grundschulzeit. Und auch hier gilt: Lieber später als zu früh. Ihr kennt euren Nachwuchs am besten und wisst, wann er reif genug für diese Entscheidung ist. 

Ohrlöcherstechen bei Kindern – die wichtigsten Tipps

Wir hoffen, dass ihr euch dazu entschieden habt, dass euer Nachwuchs erst im Schulalter Ohrlöcher bekommt, wenn das Kind es selbst möchte. Unabhängig davon, in welchem Alter es nun bei seinen ersten Piercings ist, hier die wichtigsten Sicherheits- und Hygieneregeln:
  1. Fragt euch gemeinsam mit eurem Kind, warum es Ohrlöcher haben will. Erst wenn es wirklich der Wunsch eures Kindes ist, macht das Piercen Sinn.
  2. Lasst die Ohrlöcher bei euren Kindern nur von Hautärzt*innen, erfahrenen Juwelier-Geschäften oder Piercingstudios durchführen. Macht vor dem eigentlichen Termin einen persönlichen Hygiene-Check in dem Geschäft/Studio und achtet dabei auch darauf, ob das Geschäft regelmäßig vom Gesundheitsamt überprüft wird. Wirkt es sauber und hygienisch? Wie arbeiten die Mitarbeitenden? Klären Sie euch gut über den Vorgang und die Hygiene-Maßnahmen auf? Achtet auch darauf, dass sie keine Ohrlochpistole verwenden und die Markierung des Ohrlochs nicht mit einem gewöhnlichen Stift machen, da die Tinte ebenfalls Allergien auslösen kann.
  3. Erklärt eurem Kind in Ruhe den genauen Ablauf des Ohrlochstechens und klärt sie auch über die notwendige Hygiene und mögliche Risiken auf (siehe letzter Punkt).
  4. Die Ohrstecker sollten nickelfrei sein und entweder aus Gold oder Titan bestehen.
  5. Hygiene- und Verhaltensregeln nach dem Stechen: Euer Kind muss wissen, dass es nach dem Stechen nicht mit schmutzigen Fingern an die Ohren gehen sollte und die Ohrstecker erstmal nicht entfernen darf. Auch beim An- und Ausziehen muss es aufpassen, nicht am Ohr(-ring) hängen zu bleiben. Zudem müssen Loch und Stecker regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden, um das Risiko für Infektionen und Entzündungen zu reduzieren. Auch muss euer Kind über mögliche Schmerzen während und nach dem Stechen aufgeklärt werden. Euer Kind hat anhaltende Beschwerden? Dann ab zur hautärztlichen Praxis!
Kleinkind wird von Ärztin geimpft

Kinderschutzimpfungen: Welche, wann und warum?

Mit den sogenannten U-Untersuchungen beziehungsweise Kindervorsorgeuntersuchungen beginnt auch die Zeit der Grundimmunisierung durch Kinderschutzimpfungen. Und weil in der Kindheit einige davon anstehen, ist es gar nicht so einfach, den Überblick zu bewahren.
Übersicht