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Mutter malt mit krankem kleinen Sohn und Tochter mit Fingerfarben, Tochter gibt Bruder einen Kuss

Tag der Kinderhospizarbeit: Wie wir Tod und Sterben von Kindern enttabuisieren können

Dass ein Kind oder Jugendlicher verstirbt, ist unsagbar schmerzhaft. Doch rund 50.000 Kinder und Jugendliche leben in Deutschland mit einer lebensverkürzenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Ambulante und stationäre Hospizeinrichtungen begleiten die betroffenen Familien. Wir stellen euch den Deutschen Kinderhospizverein vor, der die Arbeit ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienste unterstützt und den Tag der Kinderhospizarbeit ins Leben gerufen hat.

Natürlich ist der Tod an sich schon ein Thema, über das niemand gerne spricht und es wird zu einem noch viel größeren Tabu, wenn Kinder und Jugendliche betroffen sind. Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir für euch Christina Baer vom Deutschen Kinderhospizverein interviewt.

Was macht der Deutsche Kinderhospizverein?

Der Deutsche Kinderhospizverein e.V. (DKHV e.V.) wurde 1990 von betroffenen Familien gegründet. Der Verein ist Wegbereiter der Kinderhospizarbeit in Deutschland. Mit ambulanten Kinder- und Jugendhospizdiensten an mehr als 30 Standorten begleitet und unterstützt er Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit einer lebensverkürzenden Erkrankung und deren Familien. Mit über 130 hauptamtlichen und mehr als 1.200 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen unterhält der DKHV e.V. seine zentrale Geschäftsstelle im Haus der Kinderhospizarbeit in Olpe. Unter seinem Dach bietet die Deutsche Kinderhospizakademie jährlich mehr als 50 Seminar-, Begegnungs- und Bildungsangebote für betroffene Familien, ehrenamtliche Begleiter*innen und Interessierte an. Der Verein ist eine bundesweite Fachorganisation und vertritt als solche die Interessen zahlreicher Organisationen in der ambulanten und stationären Kinder- und Jugendhospizarbeit. Darüber hinaus thematisiert der DKHV e.V. die Lebenssituation, das Sterben und den Tod von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer lebensverkürzenden Erkrankung in der Öffentlichkeit.

Wie viele stationäre und ambulante Kinderhospize gibt es und ist derzeit die Betreuung für alle Betroffenen gesichert?

Aktuell in Betrieb sind 19 stationäre Kinder- und Jugendhospize in Deutschland, 13 davon sind Mitglied im Deutschen Kinderhospizverein e.V.

Zudem gibt es 158 ambulante Kinder- und Jugendhospizdienste in Deutschland. Davon sind 26 an aktuell 31 Standorten in Trägerschaft des Deutschen Kinderhospizvereins, 76 Mitglied im Deutschen Kinderhospizverein und 56 weitere ambulante Kinderhospize ohne Mitgliedschaft bei uns.

Der Deutsche Kinderhospizverein e.V. begleitet über seine bundesweiten ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienste insgesamt 641 betroffene Familien und steht im Kontakt zu rund 190 weiteren Familien.

Aus den aktuellen Zahlen können wir keine Defizite in der hospizlichen Begleitung erkennen. Der Kinderhospizverein orientiert sein Wachstum immer am tatsächlichen Bedarf der Familien und bieten ihnen verlässliche Strukturen und Angebote von hoher Qualität.

Worauf soll der Tag der Kinderhospizarbeit aufmerksam machen und wie kann man an diesem Tag aktiv unterstützen?

Der bundesweite „Tag der Kinderhospizarbeit“ macht seit dem Jahr 2006 jeweils am 10. Februar auf die Situation von Kindern und Jugendlichen mit lebensverkürzender Erkrankung und deren Familien aufmerksam. Als Zeichen der Verbundenheit sind alle Menschen aufgerufen, die grünen Bänder der Solidarität zum Beispiel an Fenstern, Autoantennen oder Bäumen zu befestigen. Das gemeinsame Band soll die betroffenen Familien mit Freunden und Unterstützern symbolisch verbinden.

Betroffene Familien, Initiativen, ambulante und stationäre Kinderhospize machen die Bevölkerung durch Aktionen auf den „Tag der Kinderhospizarbeit“ und die Kinderhospizarbeit in Deutschland aufmerksam.

Über Facebook und Instagram können Interessierte den Tag der Kinderhospizarbeit verfolgen.

Wie kann man sich bei euch ehrenamtlich engagieren und welche Voraussetzungen muss man erfüllen?

Wir suchen Männer und Frauen ab 18 Jahren,

  • die sich langfristiger engagieren möchten
  • die sich zurücknehmen und zuhören können
  • die offen und unterstützend sind
  • die etwa fünf Stunden pro Woche Zeit zu verschenken haben
  • die idealerweise einen Führerschein und ein Auto haben

Wir bieten:

  • eine 80-stündige Schulung als Vorbereitung
  • unterstützende Begleitung während Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit
  • regelmäßige Gruppenabende und Supervisionen
  • Erstattung der Fahrtkosten
  • den erforderlichen Versicherungsschutz im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit

Die Begleitung kann wie folgt aussehen

Begleitung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit lebensverkürzender Erkrankung sowie deren Familien und Bezugspersonen in der Regel für drei bis fünf Stunden in der Woche.

Praktische Unterstützung und Entlastung der gesamten Familie im Alltag.

Unterstützung beim Verarbeiten der Situationen der Familien.

Auch im Büro und in der Öffentlichkeitsarbeit der ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienste wird die Hilfe ehrenamtlicher Begleiter*innen benötigt.

Konkret heißt das:

  • Ein offenes Ohr für die Anliegen der Familien zu haben.
  • Zuzuhören
  • Informationen zu beschaffen
  • Weitere Hilfen bei Bedarf zu vermitteln und oft genug „einfach“ da zu sein.
  • Auch zu bleiben, wenn es schwierig wird.

Wir begleiten auf Augenhöhe, die Eltern sind die Experten für ihre Kinder.

Ehrenamt in der Deutschen Kinderhospizakademie

Die Deutsche Kinderhospizakademie führt jedes Jahr Seminare, Workshops und Ferienbegegnungen für Kinder und Jugendliche mit lebensverkürzender Erkrankung und ihre Familien durch. Bei all diesen Veranstaltungen werden die erkrankten Kinder und Jugendlichen durch ehrenamtliche Mitarbeiter*innen begleitet.

Die ehrenamtlichen Begleiter*innen und das erkrankte Kind bilden während der gesamten Veranstaltung ein Team. Die wichtigste Aufgabe in der Begleitung besteht darin, sich dafür einzusetzen, dass sich das Kind wohlfühlt und gemäß seinen Möglichkeiten an allen Aktivitäten beteiligen kann.

Warum sind der Tod und das Sterben bei Kindern und Jugendlichen immer noch ein großes Tabu und was hat sich in puncto Enttabuisierung verändert?

In der Regel sind Kinder und Jugendliche am weitesten vom Tod entfernt, so dass dieses Thema auch gesellschaftlich kaum wahrgenommen wird.

Seit mehr als 30 Jahren arbeiten der Deutsche Kinderhospizverein e.V. und viele andere Organisationen und Verbände an der Enttabuisierung. Mit wachsenden Angeboten und Versorgungstrukturen (zum Beispiel eröffnen immer mehr Kinderhospize) ist dort schon viel passiert.

Zum Tag der Kinderhospizarbeit, dem 10. Februar, gelingt es bundesweit das Thema in der Öffentlichkeit zu platzieren, mit TV-Beiträgen über das Ehrenamt oder die betroffenen Familien, Pressegeschichten, Interviews und Erklärvideos in Kinos. Besonders die sozialen Netzwerke sind im Laufe der letzten Jahre ein wichtiges Sprachrohr der Kinderhospizarbeit geworden. Es darf aber gerne noch mehr werden!

Wie können sich Kindergärten und Schulen dem Thema nähern beziehungsweise was können sie besser machen?

Kindergärten und Schulen sind wichtige Impulsgeber für die Kinder- und Jugendhospizarbeit. Aktionen von Kindern für Kinder sind ein starkes und wichtiges Signal der Solidarität mit den erkrankten jungen Menschen! Die Aufklärung über das Thema ist dabei immer im Vordergrund. Insbesondere an Förderschulen schulen wir die Lehrkräfte zu den Themen Sterben und Tod.

Wie können wir alle dazu beitragen, offener mit dem Thema umzugehen?

Nicht „wegschauen“, sondern sich mit den betroffenen Familien solidarisieren, sich ehrenamtlich in den Familien oder der Öffentlichkeitsarbeit engagieren, am Tag der Kinderhospizarbeit für diese Arbeit trommeln, grüne Bänder verteilen und auf uns aufmerksam machen.

Anm. der Red.: Am 18. Februar veröffentlichen wir den zweiten Teil des Interviews mit Christina Baer.

Pflege von Kindern

Die Pflege von Kindern stellt Familien vor eine große Herausforderung. Da selbst gesunde Kinder mehr Unterstützung benötigen als Erwachsene, wird bei Kindern ermittelt, inwieweit die Selbständigkeit und die Fähigkeiten des erkrankten Kindes von denen eines gesunden Kindes abweichen.

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