Mutter im Kreißsaal kurz nach der Entbindung mit Baby auf der Brust

Sanfte Abnabelung mit der Lotusgeburt?

Die Nabelschnur direkt nach der Geburt zu durchtrennen ist ein emotionaler Augenblick. Denn dies ist quasi die letzte körperliche Verbindung zwischen Mutter und Baby. Sofern der frischgebackene Papa möchte, wird meist ihm dieser kleine und schmerzfreie Schnitt zuteil. Es gibt allerdings eine noch sanftere und naturverbundene Methode der Abnabelung: die Lotusgeburt. Aber ist die Lotusgeburt wirklich so sanft? Lest hier, was Ärzt*innen und Hebammen dazu sagen.

Ob Freebirthing-Methode, bei der Mütter alleine entbinden, HypnoBirthing oder Lotusgeburt - immer mehr Frauen entscheiden sich dafür, ihr Kind möglichst natürlich beziehungsweise naturverbunden zu gebären.

Lotusgeburt: Neugeborenes bleibt mit Plazenta verbunden

Nach der Geburt wird die Nabelschnur in der Regel durchtrennt. Dieser Vorgang ist zwar vollkommen schmerzlos, allerdings ist dieser Schritt für einige Mütter ein zu rigoroser. Deswegen entscheiden sich immer mehr Eltern dafür, dass die Nabelschnur so lange mit der Plazenta verbunden bleibt, bis diese auf natürlichem Wege von allein abfällt. Dieser Prozess dauert zwischen 3 und 10 Tagen.  

Trocknungsprozess

Nachdem die Nabelschnur auspulsiert ist, muss die Plazenta gereinigt werden. Damit sich im Laufe des Trocknungsprozesses keine Gerüche bilden und die Trocknung fortschreitet, muss der Mutterkuchen täglich mit Salz und/oder Lavendel und Kräutern bestreut werden. Damit die Plazenta nicht verschmutzt, wird sie in einem speziellen Gefäß, einem Handtuch oder in einer Tasche aufbewahrt.

Vorteile einer Lotusgeburt

Befürworter dieser Methode betonen, dass das Baby damit auch noch einige Tage nach der Geburt mit wichtigen Nährstoffen versorgt werden kann. Zudem sei der Abnabelungsprozess für die Mutter und das Baby sehr viel sanfter und auch seelisch leichter zu verkraften. Zuletzt kann damit auch ganz einfach verhindert werden, dass das Neugeborene nach der Geburt zu häufig von Arm zu Arm wandert.

Nachteile einer Lotusgeburt

So natürlich und sanft sich die Methode auch anhört, gibt es bislang keine Studien, die den Nutzen der Lotusgeburt wirklich belegt. Erwiesen ist allerdings, dass sie gesundheitliche Risiken für das Neugeborene mit sich bringen kann. Die meisten Ärzt*innen und Geburtsstationen raten daher von der Lotusgeburt ab. 

Das sind die Gründe:
 

  • hohes Infektionsrisiko: Ist der Trocknungs- und Konservierungsprozess der Plazenta nicht abgeschlossen oder wird der Mutterkuchen zu häufig angefasst oder ist das Mutterkuchen-Gefäß nicht desinfiziert, können sich gefährliche Keime wie Bakterien und Viren auf das Baby übertragen.
  • Jede Bewegung eures Babys kann dazu führen, dass ein zu starker Zug zwischen der Plazenta und dem Nabel entsteht, wodurch es zu Verletzungen kommen kann.

  • Entscheidet ihr euch für die Lotusgeburt, können keine Stammzellen aus dem Nabelschnurblut entnommen werden.

Ihr wünscht euch trotzdem eine Lotusgeburt? Besprecht euren Wunsch frühzeitig mit eurer Hebamme und klärt ab, ob euer Krankenhaus diese Methode unterstützt. Gemeinsam könnt ihr dann mögliche Risiken abwägen. 

Verzögertes Abnabeln statt Lotusgeburt

Es gibt allerdings eine Abnabelungszeit, die eurem Kind wissenschaftlich bewiesene gesundheitliche Vorteile bringt - und die liegt zwischen dem frühen Abnabeln und der Lotusgeburt. Das verzögerte Abnabeln wird daher auch von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen. Was heißt das genau?

Es gibt drei Abnabelungszeiten

  • Sofortabnabelung - Nabelschnurabtrennung direkt nach der Geburt
  • Frühabnabelung - anderthalb bis zwei Minuten nach der Geburt
  • Spätabnabelung - nach dem kompetten Auspulsieren der Nabelschnur also bis kein Blut aus der Plazenta mehr in die Nabelschnur fließt/pulsiert (etwa drei Minuten nach der Geburt).

Welche Vorteile hat das verzögerte Abnabeln?

Bei einer Sofort - und Frühabnabelung bleibt immer noch eine größere Menge Blut in der Nabelschnur zurück, während bei der verzögerten Abnabelung mehr Blut und damit auch mehr Depot-Eisen (Ferritin) auf das Kind übergeht. Somit kann einer Anämie in den ersten Lebensmonaten vorgebeugt werden. Das wiederum hat den Vorteil, dass sich euer Kind laut Studien eine bessere Feinmotorik und Sozialkompetenz besitzen. Und falls ihr jetzt denkt, dass es dann ja bei der Lotusgeburt zu einem noch besseren Ergebnis kommen müsste: Nein, da nach dem Auspulsieren (also rund drei Minuten nach der Geburt) weder weiteres Blut noch Nährstoffe in die Nabelschnur transportiert werden.