Auf dem Handy oder der Smartwatch steht sie oft: die Zahl 10.000. Eingebaute Schrittmesser in unseren Geräten messen, wie viel wir am Tag gehen – und ob wir diese scheinbar perfekte Anzahl erreichen. Aber woher kommt die Zahl eigentlich? Und wie sinnvoll ist sie wirklich?
Die Geschichte der 10.000 Schritte
Alles beginnt mit einer japanischen Firma, die in den 1960er Jahren einen Schrittmesser verkaufen will. Sie nennt das Gerät Manpo-kei: Japanisch für „10.000 Schritte-Messer”. Die Schrittmesser sind beliebt – und die Zahl verbreitet sich international. Sogar die Weltgesundheitsorganisation übernimmt die Ziffer und rät Erwachsenen lange Zeit, 10.000 Schritte am Tag zu gehen.
Kein Wunder, dass sich die Zahl – und die Idee des Schrittzählers – durchgesetzt hat:
Es handelt sich dabei um eine runde und damit einprägsame Zahl. Durch Schrittzähler am Handy oder an der Smartwatch lässt sich die persönliche Anzahl der gegangenen Schritte abgleichen. Und so können wir am Ende des Tages genau sagen, ob wir uns „genug” – oder „nicht genug” bewegt haben.
Das ist oft einfacher als Angaben, die sich in Bewegungsempfehlungen finden. Hier ist häufig von wöchentlichen Stunden “moderater” Bewegung die Rede. 10.000 Schritte am Tag muss man dagegen nicht genauer erklären.
Gleichzeitig ist offensichtlich, dass eine Zahl nur schwer auf alle Menschen zutreffen kann. Schließlich berücksichtigt sie weder Alter noch Geschlecht oder Gewicht. Und auch ob auf geraden Strecken oder Hügeln, schnell oder langsam gegangen wird, spielt hier keine Rolle.
Dazu kommt: 10.000 Schritte sind nicht wenig. Bis zu 150, mindestens jedoch 80 Minuten (bei einem sehr flotten Tempo) müssen Sie dafür einplanen. Menschen, die viel arbeiten oder auch schlecht zu Fuß sind, können so unter Druck gesetzt werden.
Es gibt viele Studien zu Bewegung und Gesundheit, die sich mit den idealen Fitness-Empfehlungen auseinandersetzen. Besonders interessant ist die Forschung von Dr. Lee, Medizinprofessorin an der Harvard Medical School. Sie war neugierig und wollte überprüfen, wie sinnvoll die 10.000-Schritte-Empfehlung ist.
Die Studie: Sind 10.000 Schritte das Nonplusultra?
Dr. I-Min Lee führte eine Studie mit mehr als 16.000 Frauen im Alter von 62 bis 101 durch. Sie trugen mehrere Jahre lang Beschleunigungsmesser. Die Studie wurde im Journal „JAMA Internal Medicine” veröffentlicht und beschäftigte sich mit der Frage, ob 10.000 Schritte am Tag die Mortalitätsrate der Probanden verringern kann. Kurz: Würden die Probanden, die mehr gehen, später sterben?
Die Ergebnisse sprachen dafür:
- Frauen, die täglich 4.400 Schritte im Durchschnitt gingen, reduzierten ihre Mortalität um 41 Prozent.
- Die Mortalität der Frauen verbesserte sich kontinuierlich mit steigenden täglichen Schritten – allerdings nur bis zur 7.500-Schritt-Grenze. Frauen mit diesem Durchschnitt hatten eine gleich geringe Mortalität wie Frauen, die noch mehr gingen.
Daraus lässt sich schließen, dass 7.500 Schritte scheinbar ebenso gut wie 10.000 Schritte wirken. Diese sind für viele Menschen erreichbarer. Allerdings betrachtete Dr. I-Min Lee in ihrer Studie nur die Mortalität und nicht andere Faktoren wie Lebensqualität und allgemeine Gesundheit. 7.500 muss deswegen nicht zwangsläufig die beste Zahl für das bestmögliche Leben sein.
Eine weitere Erkenntnis der Studie war, dass die Intensität der Schritte irrelevant war. Bergauf, bergab, schnell oder langsam: Der Schritt selbst zählt.
Nationale Bewegungsempfehlungen: So (oft) sollten Sie sich wöchentlich bewegen
Wie viel Bewegung brauchen Sie, um gesund zu sein? Diese Frage ist schwer zu beantworten – und gerade deswegen haben klare Angaben wie 10.000 Schritte dankbare Abnehmer. Die Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung des Bundesgesundheitsministeriums klingen etwas abstrakter:
Gesunde Erwachsene sollen demnach wöchentlich 150 Minuten „ausdauerorientierte Bewegung, die etwas anstrengend ist”, anstreben. Als Beispiele werden Radfahren oder schnelles Gehen genannt. Alternativ sind auch 75 Minuten anstrengender Sport möglich (Joggen, schnelles Radfahren) – oder eine Mischung der beiden Kategorien. Dazu kommt eine weitere Empfehlung: Auch „muskelkräftigende Aktivitäten” sollten Sie an zwei Tagen einplanen – ein Beispiel hierfür sind „funktionsgymnastische Übungen oder Bewegen von Lasten”.
Diese Empfehlung ist weniger eingängig, kann aber durchaus in Schritten umgesetzt werden. Testen Sie, wie viele Schritte Sie in 150 Minuten schnellem Gehen schaffen – teilen Sie das beispielsweise auf fünf Tage à 30 Minuten auf. Idealerweise sollten Sie damit auf die 4.400 Schritte am Tag kommen, bei der in der Studie bereits gute Ergebnisse nachgewiesen wurden. Planen Sie zusätzlich zum Gehen noch zwei Übungen für Ihre Muskelkraft ein.
Folgende Tipps helfen Ihnen, auch an vollen und stressigen Tagen genügend Bewegung zu integrieren:
- Nehmen Sie, wann immer möglich, die Treppe, statt mit dem Aufzug zu fahren: in der Arbeit, in der U-Bahn, im Wohnhaus.
- Sie sind mit dem Bus oder der Bahn unterwegs? Steigen Sie eine Station früher aus und laufen Sie den Rest.
- Sie sind mit dem Auto unterwegs? Parken Sie nicht so nah wie möglich an Ihrem Ziel, sondern beim ersten freien Parkplatz, den Sie sehen.