Routiniertes Gehirn: Energiesparmodus und Belohnung
Wissenschaftler haben auf diese Frage eine Antwort gefunden: Das Gehirn ist schuld! Grundsätzlich strebt unser Denkapparat nach so viel Routine wie möglich, weil für Gewohnheitshandlungen viel weniger Stoffwechselenergie nötig ist. Das ist praktisch und schützt vor Überforderung. Das gilt für die „guten“ wie für die „schlechten“ Gewohnheiten, die man eben gern loswerden möchte. Das Gehirn belohnt Routinehandlungen mit körpereigenen Belohnungsstoffen und versucht außerdem, ungewohnte Aufgaben schnellstmöglich zu automatisieren, damit es schnell wieder in den Energiesparmodus schalten kann. Mit anderen Worten: Es ist ein großer Teil Routine, die uns durch den Alltag führt und dafür sorgt, dass unser Gehirn nicht von Details abgelenkt ist.
Was Hänschen lernt, ist für Hans Routine
Doch genau da liegt das Problem für alle, die ihre Gewohnheiten ändern wollen: Bewährten Ritualen zu folgen, spart Kraft und läuft ohne großen Denkeinsatz ab. Ändert sich etwas an ihnen, schlägt das Gehirn Alarm, was wir als unangenehm empfinden. Stress – im modernen Alltag kaum zu vermeiden – vergrößert dieses Problem noch, denn automatisch ablaufende Routinen sparen Zeit und davon ist ja nie genug da. Auf unsere liebgewonnenen Gewohnheiten übertragen bedeutet das, dass es alles andere als einfach ist, die sicheren, teils unbewussten „ungesunden“ Tagesroutinen wie etwa den Schokoriegel zur Kaffeepause oder das Feierabendbier gegen Joggingrunde, Fitnessstudio und ausgewogene Ernährung zu tauschen. Wie also kann es gelingen, „gesunde“ Rituale in den Alltag zu integrieren?
Mit Tricks und Kniffen gegen die Routine
Zunächst einmal ist es wichtig, realistische Etappenziele zu finden. Denn wer sich mit ambitionierten Plänen überfordert, läuft Gefahr, seine guten Vorsätze komplett über Bord zu werfen. Für Sportmuffel ist es besser, nicht gleich einen Marathon anzupeilen, sondern sich vorzunehmen 2 Mal die Woche eine halbe Stunde zu joggen oder zu walken. . Auch die konkrete Formulierung von Zielen spielt eine Rolle. Pauschalvorgaben wie „gesünder essen“ sind deutlich schwieriger einzuhalten als beispielsweise, vorerst an Arbeitstagen auf Schokolade zu verzichten.
Mentales Kontrastieren: Maßnahme gegen Hindernis
Als effektives Mittel beim Antrainieren neuer Gewohnheiten sehen viele Motivationspsychologen das „mentale Kontrastieren“. Die Technik sieht vor, ein Ziel mental mit dem bestmöglichen Ergebnis zu verknüpfen, zugleich aber Hindernisse einzukalkulieren, die im Weg stehen könnten. Besonders wirksam ist die Methode in Kombination mit „Wenn-dann“-Plänen, mit denen sich identifizierte Hürden aus dem Weg räumen lassen. Ein Beispiel: Ihr Neujahrsvorsatz lautet, mehr zu joggen. Ein Stolperstein könnte sein, dass im Winter oft nasskaltes Wetter herrscht. Ihr Ziel – mehr Fitness – erreichen Sie trotzdem, indem Sie vorab Alternativen festlegen, etwa eine Runde auf dem Heimtrainer.
Erst bewusst, dann Selbstläufer
Diese Strategie hilft dabei, bestimmte Verhaltensmuster zu automatisieren – besonders dann, wenn sie mit einem Auslösereiz gekoppelt wird. Tipp: Nehmen Sie Ihre Sportkleidung mit ins Büro und platzieren Sie sie so, dass Sie von Ihrem Arbeitsplatz sichtbar ist. Das Ziel muss sein, dass das Wahrnehmen der Ausrüstung früher oder später den automatischen Gang zum Sport nach sich zieht. Damit das auch wirklich gelingt, ist es gerade am Anfang hilfreich, sich für jeden Gang zum Training eine Belohnung zu versprechen – vielleicht eine entspannende Saunarunde oder eine Massage!
Haben Sie Geduld und halten Sie durch
Denn die Macht der Gewohnheit ist stark und wir benötigen Zeit, um Verhaltensmuster, die mehr oder weniger unbewusst automatisch ablaufen, zu ändern. Im Schnitt brauchen wir 66 Tage, um Gewohnheiten zu ändern, fand Philippa Lally und ihr Team vom University College London in einer Studie heraus. Aber auch das ist nur ein Richtwert, der stark abhängig ist von der Person, ihren Umständen und natürlich der schlechten Gewohnheit, die man los werden bzw. durch eine gute ersetzen möchte.
Infos um die lieb gewonnenen Gewohnheiten
Je älter wir werden, desto mehr Gewohnheiten haben wir: Das wundert nicht weiter, denn je komplexer und umfangreicher unser Alltag wird, desto mehr Automatismen entwickeln wir. Morgenroutine, der Weg zur Arbeit, Kleidungsstil, Kaffeetrinken – mit oder ohne Zigarette, …
Gewohnheiten und Süchte: Die Übergänge von schlechten Gewohnheiten zu Süchten können bei den klassischen Themen wie Rauchen, Alkoholismus, Tabletten fließend sein.
Viele Gewohnheiten sind gut. Sie schaffen Stabilität und Sicherheit, schützen uns vor Überforderung und sparen Zeit und Energie. Die Kehrseite: Sie schränken unsere Wahrnehmung ein und verstellen den Blick für neue Infos und Herangehensweisen. Schließlich haben wir das immer schon so und nicht anders gemacht.
Gewohnheiten und ihr Kontext: Studien zeigen, dass viele Gewohnheiten in bestimmten Situationen ablaufen, die diese stützen: Kaffeepause – Zigarette rauchen, nach Hause kommen – Fernsehen anschalten, stressige Arbeitssituation – Nägel kauen. Daher ist auch ein Ansatz, den Kontext der Gewohnheit zu verändern.