Selbstzweifel kennen die meisten Menschen. Ob in privaten oder beruflichen Situationen, manchmal wirken die eigenen Erfolge zu schön, um wahr zu sein. In den meisten Fällen bleibt es bei kürzeren Episoden von Selbstzweifeln. Doch beim sogenannten Impostor-Syndrom legen sich diese Zweifel nie. Betroffene führen ihre Errungenschaften stets auf äußere Einflüsse zurück, wie etwa glückliche Umstände oder schlichten Zufall. Sie fühlen sich als Hochstapler, die ihr Umfeld betrügen. Dadurch leben diese Personen in der ständigen Angst, als Lügner entlarvt zu werden. Inzwischen hat die Forschung einige Daten zum Hochstapler-Syndrom gesammelt – mit erstaunlichen Erkenntnissen.
Was ist das Impostor-Syndrom?
Das Impostor-Syndrom lässt sich mit „Hochstapler-Syndrom” ins Deutsche übersetzen und ist ein psychologisches Phänomen. Unter diesem Namen kennen es viele Personen im deutschsprachigen Raum. Ganz korrekt ist die Bezeichnung allerdings nicht – der Begriff „Syndrom” meint eine Krankheit oder eine Störung. Das Hochstapler-Syndrom ist weder das eine noch das andere – daher wird auch der Begriff „Impostor-Phänomen” verwendet.
Die Forschung beschreibt es als die Eigenschaft der Betroffenen, die eigenen Erfolge nicht auf das eigene Können zurückzuführen. Stattdessen stecken für sie Glück und Zufall hinter der beruflichen Leistung. Deshalb betrifft das Hochstapler-Syndrom vor allem leistungsstarke Persönlichkeiten.
Da diese Personen denken, sie würden ihren Erfolg nicht verdienen, zweifeln sie ständig an sich selbst. Damit einher geht die Angst, sie könnten auffliegen: Schließlich erreichten die Betroffenen ihren Status nicht durch die eigene Leistung.
Diese Emotionen sprechen für das Vorliegen des Impostor-Syndroms, obwohl sie objektiv nicht zutreffend sind:
- Berufliche Erfolge erreichen Sie nicht durch Ihr Wissen und Können, sondern durch Glück und Zufall.
- Im Gespräch mit anderen Personen fürchten Sie sich davor, als Lügner entlarvt zu werden, Ihren beruflichen Status haben Sie schließlich nicht selbstständig erreicht.
- Sie verdienen keine Wertschätzung oder Aufmerksamkeit.
- Um Ihre Mängel zu überdecken, arbeiten Sie besonders lange und hart.
Wie ist die Verteilung des Impostor-Syndroms?
Im Jahr 1978 beschreiben die Psychologinnen Clance und Imes das Impostor-Syndrom zum ersten Mal. Wenige Jahre später erlangt das Phänomen weltweite Aufmerksamkeit. Clane und Imes sehen zunächst vor allem Frauen als Betroffene an. Inzwischen weiß die Forschung: Auch Männer erleben die charakteristischen Symptome des Hochstapler-Syndroms. Personen jeden Alters betrifft das Impostor-Syndrom gleichermaßen. Inzwischen steht auch die These im Raum, dass Menschen mit Migrationshintergrund stärker betroffen sein könnten. Diese Annahme ist bisher allerdings nicht ausreichend belegt.
Welche Auswirkung hat das Hochstapler-Syndrom?
Selbstzweifel erfahren viele Menschen am eigenen Leib. Wenn diese Gefühle bestimmend sind und den Alltag beherrschen, beeinträchtigt das das Leben der Betroffenen über das gesunde Maß hinaus.
Eine Studie von 2020, die das Vorkommen, Risikofaktoren und die Behandlung in 62 Untersuchungen zum Impostor-Syndrom verglich, kam zu folgenden Schlüssen:
- Niedriges Selbstbewusstsein, Pessimismus und Perfektionismus finden sich häufig bei Betroffenen.
- Das Impostor-Syndrom beeinträchtigt die Leistung und die Zufriedenheit im Beruf.
- Wer sich als Hochstapler empfindet, hat ein erhöhtes Burnout-Risiko.
- Depressionen und Angstzustände treten häufig neben dem Impostor-Syndrom auf.
Oftmals intensiviert eine psychische Erkrankung das Syndrom. Diagnostiziert eine Ärztin oder ein Arzt einen vermeintlichen Hochstapler mit Burnout, fühlt der sich in seinem Denken bestärkt. Diesen Kreislauf gilt es zu durchbrechen. Doch was passiert hierbei genau? Die Personen sind objektiv gesehen erfolgreich. Im Job läuft es gut, auch im Privatleben feiern diese Menschen Erfolge. Doch im Inneren empfinden sie extreme Selbstzweifel und schreiben die Errungenschaften anderen Einflüssen zu. Dadurch entwickeln die Betroffenen hohe Ansprüche an sich selbst. Während ihr Umfeld die Erfolge feiert und auch belohnt, bewirkt das eine Verstärkung des Phänomens. Erneut steigen Anspruch und Selbstzweifel, bis oftmals Burnout und Depression folgen.
Erste Hilfe beim Impostor-Syndrom
„Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung” – dieses Sprichwort trifft vor allem beim Impostor-Syndrom zu. Den Schritt müssen Betroffene nicht alleine gehen. Online finden sich viele Selbsthilfe-Konzepte. Doch es kann sehr schwer sein, aus dem Kreislauf auszubrechen. Wer am Impostor-Syndrom leidet, sollte sich nicht schämen, professionelle Hilfe anzunehmen. Das Gespräch mit einem Therapeuten, einer Psychologin oder Bekannten kann helfen.
Die Erkenntnis, dass auch andere Menschen Selbstzweifel erleben, beruhigt. Hier empfiehlt sich die Unterhaltung mit einem persönlichen Vorbild. Denn Personen, die aus Sicht des „Hochstaplers” Erfolg haben, erfahren besondere Wertschätzung durch den Betroffenen. Wenn diese Vorbilder nun auch Selbstzweifel erleben, bestärkt das die Menschen mit Impostor-Syndrom. Sie fühlen sich weniger alleine.