Im mittleren Alter erleben manche Menschen eine Krise. Bei der sogenannten Midlife-Crisis haben dabei viele direkt das klischeehafte Bild eines Mann mit neuem rotem Sportwagen im Kopf. Tatsächlich sind Männer zwischen 35 und 55 besonders oft von einer Midlife-Crisis betroffen. Sie fühlen sich unzufrieden und unglücklich – das kann sich auch auf Beziehungen zu Familie und Partner oder Partnerin auswirken.
Was ist eine Midlife-Crisis – und wie ernst ist sie?
Grundsätzlich ist die Midlife-Crisis eine tiefe Sinnkrise. Betroffene spüren, dass sie älter werden und hinterfragen plötzlich Dinge, die vorher selbstverständlich waren, wie ihren Beruf oder die Beziehung. Dabei sehen sie vor allem, welche Ziele sie nicht erreicht haben – und zukünftig auch nicht mehr erreichen können. Damit geht die Angst einher, das Leben nicht richtig ausgekostet oder falsche Entscheidungen getroffen zu haben.
Den Begriff „Midlife-Crisis” gibt es seit über 50 Jahren. Geprägt hat ihn der kanadische Psychoanalytiker Elliott Jaques. Er betrachtete die Karrieren einiger Komponisten und Künstler. Dabei stellte er fest: Ungefähr im Alter von 35 Jahren kam es häufig zu plötzlichen Veränderungen des Äußeren der Probanden oder zu einem Abfall ihrer Produktivität.
Dennoch blieb das Phänomen lange Zeit unbewiesen – und viel belächelt. Mittlerweile zeigen Studien jedoch: Dass Menschen in der Mitte des Lebens in eine Krise rutschen, ist kein individuelles Phänomen. Viele Personen sind in diesem Alter anfällig für negative Gedanken, Selbstzweifel und fühlen sich allgemein mutlos. Dafür spricht auch, dass sich die meisten Fälle von Depressionen und Burnout bei Menschen Ende 40 finden. Eine psychische Krankheit ist die Midlife-Crisis somit zwar nicht, aber auch mehr als ein Klischee – denn sie kann sich theoretisch zu einer Depression entwickeln.
Darum trifft eine Midlife-Crisis oft Männer
Eine Midlife-Crisis verbinden die meisten eher mit Männern. Und tatsächlich rutschen Frauen weniger häufig in die Sinnkrise. Doch woran liegt das? Die Antwort sehen Fachkundige im Kommunikationsverhalten der Geschlechter. Frauen scheinen öfter über ihre persönlichen Probleme zu sprechen. Der Austausch mit Freundinnen, Kolleginnen oder der Mutter über Sorgen und Ängste, mildert diese ab. So haben sie eventuell die gleichen Bedenken wie Männer in dieser Phase – können sie aber besser einordnen und mit ihnen umgehen.
Anzeichen einer Midlife-Crisis
Wer in einer Midlife-Crisis steckt, empfindet viele negative Emotionen. Das kann von Ängsten und Verzweiflung bis zu einem Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit reichen. Für Außenstehende sind diese auf den ersten Blick allerdings oft schwer zu erkennen, wenn sich die betroffene Person nicht an sie wendet. Jedoch gibt es einige Anzeichen, die darauf hindeuten, dass Ihr Partner oder Ihre Partnerin in einer Sinnkrise stecken könnte:
- Veränderungen:Wer in einer Midlife-Crisis ist, will plötzlich vieles anders machen. Das kann ein neuer Haarschnitt sein oder ein ganz anderer Klamottenstil. Aber auch größere Lebensbereiche können betroffen sein – etwa kündigen manche den gut bezahlten Job oder suchen sich ein neues Hobby.
- Rückzug:Viele isolieren sich in dieser Zeit selbst – und ziehen sich auch von der Partnerin oder vom Partner zurück. Betroffene Personen sind oft überfordert mit ihren Emotionen und schämen sich.
- Beschäftigung mit der Sterblichkeit:Krankheit und Tod sind auf einmal wichtige Themen für die Betroffenen – auch wenn sie sich zuvor wenig damit beschäftigt haben.
- Stimmungsschwankungen:Manche Personen in der Midlife-Crisis sprudeln auf einmal über vor Tatendrang und Spontanität. Das kann aber auch schnell ins Gegenteil kippen – viele sind plötzlich leicht reizbar oder deprimiert und antriebslos.
Unterstützung in der Krise: Das können Sie tun
Ist Ihr Partner oder Ihre Partnerin in eine Midlife-Crisis gerutscht? Wichtig ist es jetzt, die betroffene Person ernst zu nehmen. Wer die Krise als belanglos abtut oder sogar belächelt, riskiert, dass sich das Gegenüber noch weiter zurückzieht oder verärgert reagiert. Außerdem kann es sinnvoll sein, sich auf die Veränderungen, die die Person sich wünscht, einzulassen. Planen Sie gemeinsam zum Beispiel eine Fernreise oder überlegen Sie, wie Sie wieder mehr Abwechslung in den Alltagstrott bringen. So bleiben Sie in Verbindung mit Ihrem Gegenüber. Versuchen Sie zudem, den Fokus auf positive Dinge zu lenken. Helfen Sie der Person dabei zu sehen, was in ihrem Leben alles gut gelaufen ist und welche Erfolge sie hatte – das stärkt auch das angeknackste Selbstvertrauen. Die gute Nachricht aus der Wissenschaft: Mit zunehmendem Alter steigt auch die Lebenszufriedenheit wieder an. Wenn Ängste und Sorgen jedoch zum Dauerzustand werden und Sie eine Depression vermuten, sollten Sie mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin darüber sprechen, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.