Frühchen liegt mit Windel bekleidet im Inkubator und schläft auf dem Bauch

Musiktherapie bei Frühchen fördert Hirnentwicklung

Am 17. November ist Weltfrühgeborenentag: Rund neun Prozent der Babys kommen pro Jahr in Deutschland als Frühgeburten zur Welt. Zwar haben Frühchen immer bessere Überlebenschancen, allerdings haben sie häufig Probleme mit ihrer Hirnentwicklung und sind anfälliger für Krankheiten. Ein Forscherteam der Uni Genf hat untersucht, ob die Entwicklungsstörungen ausschließlich auf die Unreife des Gehirns zurückzuführen sind oder ob es auch noch einen weiteren Grund dafür gibt. Und dieser hat nicht nur etwas mit der zu frühen Geburt an sich, sondern auch mit der intensiven Betreuung auf Frühchenstationen zu tun. Und hier kommt die Musiktherapie buchstäblich mit ins Spiel.

Zu viel Unruhe auf Frühchenstationen

Kommt ein Baby vor der 37. Schwangerschaftswoche (SSW) zur Welt, ist es eine Frühgeburt. Je früher die Geburt stattfindet, umso geringer sind die Überlebenschancen eines Kindes und desto größer und langwieriger sind auch die medizinischen Interventionen auf Frühchenstationen und in Perinatal-Zentren. Diese sind notwendig, da Frühchen meist noch nicht selbstständig atmen und Nahrung zu sich nehmen können. Zudem ist meist auch die Gehirnreifung noch nicht vollständig abgeschlossen. Beatmungsgeräte und weitere Technik sind dabei unerlässlich für die medizinische Versorgung – allerdings gehen mit ihnen auch negative Aspekte einher. Denn die Geräte sorgen für eine laute und unruhige Atmosphäre, die Babys stressen können. Dadurch könnten sich laut dem Forscherteam die neuronalen Netzwerke vieler Frühgeborener nicht normal entwickeln. 

Lachendes Baby liegt auf dem Bett

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Struktur und Beruhigung bei Frühgeburten durch Musiktherapie

In der Schweizer Studie um Erstautorin Lara Lordier wurde deshalb untersucht, wie sich mithilfe von musikalischen Klängen störende sensorische Reize mindern lassen. Der Alltag der Babys sollte angenehmer und strukturierter gestaltet werden. Ein Komponist entwarf drei unterschiedliche Melodien zum Aufwachen, Einschlafen und für die Wachphase mit Instrumenten, die auf Babys nachweislich beruhigend wirken. Dazu zählen Flöte, Harfe und Glocke. 

Wie lief die Frühchen-Musik-Studie ab?

Für die Studie wurde ein Teil der insgesamt 39 Frühchen fünfmal pro Woche für jeweils acht Minuten mit Hintergrundmusik über Kopfhörer beschallt. Der andere Teil bekam ebenfalls Kopfhörer aufgesetzt – allerdings hörte dieser statt der Musik weiterhin die Geräusche der Frühchenstation. Bei der Entlassung wurde bei einer abschließenden funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) untersucht, ob sich die Musik positiv auf die neuronale Entwicklung der Frühgeburten ausgewirkt hat. Die Ergebnisse wurden zudem mit Daten von Kindern verglichen, die zum errechneten Geburtstermin – und somit reif – auf die Welt kamen.
 

Ergebnis der Studie: Musiktherapie fördert Hirnentwicklung bei Frühchen

Heraus kam, dass speziell das sogenannte Salienz-Netzwerk – das ist die Hirnregion, die für Lernprozesse oder die Entwicklung sozialer Fähigkeiten von Bedeutung ist – sowie weitere wichtige Hirnregionen bei den Frühchen, die mit Musik beschallt wurden, besser ausgeprägt waren als bei der Gruppe, die keine Musik zu hören bekam. 

Generell kamen die Ergebnisse der „Musik-Frühchen" denen der reifen Neugeborenen bereits sehr nahe.

Um herauszufinden, ob dieser positive Effekt der sanften Musiktherapie bestehen bleibt, will das Forscherteam die Kinder mit Eintritt ins Schulalter erneut untersuchen. Zudem will es weitere Reize, die auf Kinder angenehm und beruhigend wirken, bei Frühchen testen. So könnte sich beispielsweise elterlicher Gesang ebenfalls positiv auf die Hirnentwicklung von Frühgeborenen auswirken.

Quelle: https://doi.org/10.1073/pnas.1817536116
 

Musiktherapie auf Frühchenstationen immer noch selten

Bislang ist die Musiktherapie auf Frühchenstationen leider immer noch selten, da sie in der Regel über Spendengelder finanziert und oft live gespielt wird. Dabei bietet sie laut Frühchen-Vereinen und Kliniken weitere Vorteile:

  • Live-Musik kann zum Beispiel während des Känguruhens auf den Atemrhythmus der Eltern abgestimmt werden
  • Musik kann Geräusche, die innerhalb der Gebärmutter zu hören waren (intrauterine Geräusche), nachahmen
  • Stärkung der Eltern-Kind-Bindung
  • Herzschlag und Atmung der Babys werden ruhiger und regelmäßiger
  • Stillen/Trinken fällt den Babys leichter
  • Eltern verlieren schneller Sorgen und Ängste
  • frühere Entlassung der Frühchen
Frühgeborenes wird im Arm gehalten

Muttermilchbanken: Für Frühchen lebenswichtig

Muttermilch ist die gesündeste Nahrung für ein Baby. Speziell für Frühchen kann sie sogar lebensrettend sein. Doch bei Müttern, die ihr Kind zu früh entbinden, produziert der Körper häufig noch keine Muttermilch. Die einzige Chance: Fremde Muttermilch, die andere Mütter sogenannten Muttermilchbanken zur Verfügung stellen.

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Frühchen mit der Mutter

Känguruhen: Intensiver Hautkontakt für Frühchen

Seit den 90er-Jahren etabliert sich neben dem Brutkasten ein weiterer Ort, an dem Frühgeborene so lange wie möglich verweilen sollen. Auf dem nackten Bauch beziehungsweise der Brust der Eltern. Dieser Ort ist für Frühchen ein ganz natürlicher Brutkasten. Exakt so, wie der Kängurubeutel dem Kängurubaby als natürlicher Brutkasten dient.

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