Gewöhnlich beginnt der Milcheinschuss zwei bis fünf Tage nach der Geburt. Bei Müttern von Frühchen kann sich der Milcheinschuss verzögern. Muttermilch ist nicht nur die gesündeste, sondern auch die intimste Nahrung, die ihr eurem Baby geben könnt. Es ist also total verständlich, wenn ihr euch mit dem Gedanken, eurem Kind fremde Muttermilch zu geben, nicht direkt anfreunden könnt. Daher möchten wir euch die wichtigsten Infos zu sogenannten Muttermilchbanken und den hohen Stellenwert der Muttermilch für Frühchen noch mal genauer erläutern.
Wieso ist Muttermilch für Frühchen so wichtig?
Bei Frühchen ist der Reifungsprozess der Organe noch nicht vollständig abgeschlossen. Auch die körpereigenen Abwehrkräfte sind noch nicht so gut entwickelt wie bei Babys, die zum errechneten Geburtstermin geboren wurden. Die Muttermilch enthält neben wichtigen Nährtstoffen beispielsweise auch Inhaltsstoffe, die die Reifung der Darmwände beschleunigen und das Immunsystem stärken. Das hat zur Folge, dass Frühchen seltener an lebensbedrohlichen Darmentzündungen erkranken. Zudem ist Muttermilch für sie schlichtweg besser verträglich als künstlich hergestellte Nahrung. Mediziner empfehlen Müttern von Frühchen deshalb, ihr Kind solange mit gespendeter Muttermilch zu versorgen, bis sie eigene Milch produzieren.
Welche Mütter dürfen spenden und wird die Muttermilch untersucht?
Grundlegend darf jede Frau Muttermilch spenden, sofern sie gesund ist und pro Tag mindestens 500 Milliliter Milch produziert. Bevor die Milch gespendet werden kann, wird der Mutter Blut abgenommen. Dieses wird beispielsweise auf Infektionskrankheiten wie Hepatitis, HIV und Zytomegalie/Cytomegalie (kurz CMV) getestet. Außerdem kommt die Mutter als Spenderin nicht in Frage, wenn sie raucht, Alkohol trinkt, Medikamente einnimmt oder Drogen konsumiert. Eine weitere Voraussetzung kann beispielsweise sein, dass die Mutter ihr Kind in der Spenderklinik entbunden hat.
Wie und wo wird die Muttermilch abgepumpt?
Die Milch wird direkt in der jeweiligen Klinik in eine sterile Einmalflasche doppelseitig abgepumpt, etikettiert und anschließend anhand einer kleinen Probe nochmal im Labor untersucht. Darauf wird die Milch schockgefroren und bei minus 20 Grad gelagert. Sechs Monate ist sie so haltbar. Zudem wird darauf geachtet, dass die Milch für ein Frühchen immer von derselben Spenderin stammt. Auf eine Pasteurisierung wird in der Regel verzichtet, da rohe Muttermilch den höchsten Nährwert und Schutz bietet.
Wie bekommt ein Frühchen die gespendete Muttermilch?
Es kommt darauf an, wie gut euer Baby bereits atmen, schlucken und saugen kann. Meist wird ihm die gespendete Muttermilch über eine Magensonde verabreicht. Die Art und Menge wird durch den behandelnden Arzt individuell festgelegt.
Wann könnt ihr euer Frühchen selbst anlegen?
Mütter von Frühchen benötigen meist nur wenige Tage, bis ihr Körper selbst genug Muttermilch produziert. Ihr seid also in der Regel nur zwischen fünf bis zehn Tagen auf Spendermilch angewiesen.
Wie findet ihr eine Muttermilchbank in eurer Nähe?
In Deutschland sind es vor allem Kliniken und Perinatalzentren, die eine Frauenmilchbank anbieten. Aktuell sind es 27 (Stand: 2. März 2020). Während es früher wesentlich mehr Muttermilchbanken gab, setzt sich die Frauenmilchbank-Initiative e.V. dafür ein, dass die Anzahl der Milchbanken in Deutschland wieder steigt. So ist es beispielsweise ihr Ziel, dass bis zum Jahr 2023 wieder jedem Bundesland mindestens eine Frauenmilchbank zur Verfügung steht. Bislang ohne Milchbank sind die Bundesländer Bremen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Die meisten Frauenmilchbanken gibt es in den neuen Bundesländern. Der Bedarf von Spendermilch liegt weit über dem derzeitigen Angebot. Hier findet ihr eine Übersicht aller Frauenmilchbanken in Deutschland.
Muttermilch spenden trotz Coronavirus?
Derzeit stellt sich natürlich auch die Frage, ob das Coronavirus, auch SARS-CoV-2 genannt, über die Muttermilch übertragen werden kann.
Wir haben uns beim Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) erkundigt und folgende Informationen erhalten (Stand: März 2020):
Auch wenn das Virus nach allem, was wir bisher wissen, wahrscheinlich tatsächlich nicht in die Muttermilch übergeht, würden wir selbstverständlich nur Quarantäne-Milch von frühestens 14 Tage später immer noch nachweislich gesunden Müttern akzeptieren. Alternativ käme eine Pasteurisierung der Milch in Betracht für den Fall, dass beim Abpumpen eine Kontamination stattgefunden haben sollte. Da wir die Spenderinnen-Milch jedoch ausschließlich für die kleinsten und unreifsten Frühgeborenen, meist in den ersten Lebenstagen, nutzen, und da wir dabei natürlich keinerlei zusätzlichen Risiken eingehen wollen, würden wir, zumal es sich nicht um eine absolut alternativlose und lebenswichtige Maßnahme handelt, momentan im Zweifel eher verzichten.