Obwohl Herzfehler die häufigsten Fehlbildungen überhaupt sind, werden bislang nur die wenigsten pränatal erkannt. Zwar wurde im Jahr 2013 der Basis-Ultraschall erweitert, aber immer noch bleiben viele Herzfehler unentdeckt. Umso wichtiger ist es, dass die ersten Untersuchungen direkt nach der Geburt noch schneller und verlässlicher einen möglichen Herzfehler aufdecken können, denn vorgeburtliche Ultraschalluntersuchungen, die Kontrolle des Herzschlags und die Pulsmessung beim Neugeborenen reichen längst nicht aus.
Echokardiografie und Pulsoxymetrie-Screening
Bei der U1 und U2 werden Herz- und Pulsschlag von Neugeborenen überprüft. Außerdem erfolgt das Pulsoxymetrie-Screening. Sind die Werte auffällig, erfolgt anschließend eine Echokardiografie – also eine Ultraschalluntersuchung des Herzens.
Im November 2016 entschied der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), die Kindervorsorgeuntersuchungen durch das Pulsoxymetrie-Screening zu ergänzen. Seit Januar 2017 muss es Eltern im Rahmen der U1/U2 kostenlos angeboten werden. Die U1 erfolgt 24 bis 48 Stunden nach der Geburt. In Sonderfällen kann die Pulsoxymetrie sogar schon vier Stunden nach der Geburt stattfinden. Bei einer Hausgeburt kann das Screening an die U2 gekoppelt werden.
Pulsoxymetrie rettet Leben
„Bei ungefähr 3 von 10.000 Babys liegt ein kritischer angeborener Herzfehler vor, den man beim Vorsorge-Ultraschall und bei den klinischen Routineuntersuchungen nach der Geburt zunächst nicht erkennen kann. Den betroffenen Neugeborenen kann nun besser geholfen werden. Man kann ihren Zustand früher stabilisieren und sie umgehend behandeln", so Dr. Harald Deisler, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung.
Wie läuft die Pulsoxymetrie ab?
Bei der Pulsoxymetrie wird dem Neugeborenen ein Sensor am Fuß angebracht, der mit einem Messgerät verknüpft ist, um den Sauerstoffgehalt im Blut anzuzeigen. Diese Prozedur ist für euer Baby vollkommen schmerzfrei und dauert nur wenige Sekunden. Ist der Sauerstoffgehalt im Blut zu niedrig, kann das ein Anzeichen für einen Herzfehler oder eine andere Erkrankung sein.
Versicherungsschutz für die ganze Familie
Welche Sauerstoffwerte sind (un-)bedenklich?
- Enthält das Blut eures Babys mindestens 96 Prozent des maximal möglichen Sauerstoffgehalts, gilt das Ergebnis als unauffällig.
- Bei Werten zwischen 90 Prozent und unter 96 Prozent wird die Messung innerhalb von zwei Stunden wiederholt. Liegt der Messwert immer noch unter 96 Prozent, wird das Kind sofort weiter untersucht (Echokardiografie).
- Liegt der Messwert unter 90 Prozent, wird das Neugeborene sofort weiter untersucht und es werden notwendige Behandlungsschritte eingeleitet.
Welche Vorteile hat die Pulsoxymetrie?
- Wissenschaftler*innen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) belegen anhand mehrerer Erhebungen, dass die Pulsoxymetrie in einer Studie 60 und in einer weiteren 78 lebensbedrohliche Herzfehler von insgesamt 100 Fehlbildungen erkennen konnte, die bei der Standarduntersuchung übersehen wurden.
Zeigte die Pulsoxymetrie ein auffälliges Ergebnis, hatten etwa 26 bis 75 von 100 Babys tatsächlich einen schweren Herzfehler, der darauf durch eine Echokardiografie diagnostiziert werden konnte. - Neben schweren Herzfehlern können mit der Pulsoxymetrie außerdem auch „leichte“ Fehlbildungen oder Erkrankungen der Lunge diagnostiziert werden. Ein auffälliges Ergebnis bedeutet nicht unbedingt, dass euer Kind einen Herzfehler hat. Niedrige Messwerte können auch die Folge anderer Erkrankungen oder Infektionen sein.
- Außerdem kann das Screening auch Aufschluss über schwere Störungen des Säure-Basen-Haushalts (Azidosen), die ebenfalls durch bislang unerkannte Herzfehler verursacht werden, geben. Eine Azidose bedeutet, dass das Blut des Neugeborenen sauerstoffarm und stark übersäuert ist. Wird der Herzfehler schnell erkannt, kommen somit auch gefährliche Azidosen seltener vor.
Welche Ursachen haben schwere Herzfehler bei Neugeborenen?
In den meisten Fällen sind die Ursachen von Herzfehlern nicht bekannt. Sie kommen allerdings häufig dann vor, wenn Chromosomenveränderungen bestehen. So haben zum Beispiel 40 Prozent der Menschen mit Down-Syndrom eine Fehlbildung des Herzens.
Auch kann speziell in der vierten bis sechsten Schwangerschaftswoche die Entwicklung des Herzens durch folgende Risikofaktoren beeinträchtigt werden:
- Virusinfekte (z. B. Röteln)
- Medikamente (Zytostatika oder Immunsuppressiva)
- (Röntgen-)Strahlung
- Sauerstoffmangel
- Alkohol
Für detaillierte Infos, die eure persönliche Situation und individuelle Risiken (Herzfehler können zum Beispiel auch vererbt werden) mit einbeziehen, wendet euch bitte an euren/eure behandelnden Ärzt*innen.