Anlässlich der weltgrößten Computerspielmesse Gamescom im August 2024 wurden die Ergebnisse zur Computerspiel- und Internetnutzung der BZgA-Studie „Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2023“ vorgestellt.
Befragt wurden 7.001 junge Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren von April bis Juni 2023.
BZgA-Studienergebnisse zur Computerspiel- und Internetnutzung
Rund 96 Prozent der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren nutzen täglich das Internet. Darunter fallen vor allem digitale Kommunikations- und Unterhaltungsangebote wie Instagram, TikTok, WhatsApp, YouTube und digitale Spiele.
Die durchschnittliche wöchentliche Nutzungsdauer digitaler Medien steigt bei Jungen sowie bei Mädchen von 23 Stunden (2019) auf 26 Stunden (2023).
Von 2011 bis 2023 stieg die durchschnittliche Gesamtpunktzahl der "Compulsive Internet Use Scale" (CIUS)* bei beiden Geschlechtern und Altersklassen an.
Durchschnittliche Gesamtpunktzahl 12 bis 17-jähriger ...
Mädchen: von 11,1 (2011) auf 21 (2023)
Jungen: von 11,7 (2011) auf 19 (2023)
Infos zur Altersklasse 18 bis 25 findet ihr bei der BZgA.
*Die CIUS erfasst mit 14 Fragen die Häufigkeit von Problemen aufgrund der Internetnutzung wie Kontrollverlust, starke Eingenommenheit oder Entzugssymptome. Die mögliche Gesamtpunktzahl reicht von 0 bis 56.
Woran erkennt man eine Medien- und Computerspielsucht bei Kindern?
Mittlerweile wurde die Computerspielsucht offiziell als „Computerspielabhängigkeit/Gaming Disorder“ definiert und in den ICD-Kriterienkatalog (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) aufgenommen.
Übrigens sind Jungen zwar häufiger von einer Gaming-Sucht betroffen, Mädchen haben allerdings speziell während der Corona-Pandemie stark aufgeholt.
Die folgenden Anzeichen – egal ob beim Kind oder Erwachsenen – deuten auf eine Computerspielabhängigkeit hin:
Die Anzeichen bestehen mindestens ein Jahr durchgängig oder treten regelmäßig episodisch auf. Kontrollverlust über das Spielverhalten: Wenn euer Kind nicht aufhört zu spielen, obwohl ihr einen wichtigen Termin wahrnehmen müsst oder das Spielen unpassend ist. Spielen immer wichtiger als andere Interessen: Wenn sich euer Kind nur noch auf seinem Zimmer verkriecht und sich vom Sozialleben abschottet, auf keine anderen Hobbys mehr Lust hat, Hausaufgaben, Lernen und ähnliche Verpflichtungen vernachlässigt. Um die Sucht zu verheimlichen, können auch Lügen die Folge sein. Spielverhalten eskaliert trotz negativer Konsequenzen: Wenn euer Kind trotz negativer Konsequenzen wie schlechte Noten, körperliche und seelische Beschwerden, Streit und Vereinsamung mit dem Spielen nicht mehr aufhören kann.
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Welche Symptome können noch auftreten?
- Aggressivität/Gereiztheit – speziell während oder nach dem Spielen und wenn es unter- oder abgebrochen werden muss
- Unruhe/Unkonzentriert/Gestresstsein
- schlechte Schulnoten und Schulschwänzen
- Taschengeld wird ausschließlich für Computerspiele und Zubehör ausgegeben
- Ängste/Depressionen
- Entzugserscheinungen wie Schwitzen, Zittern, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Heißhunger etc.
- Schmerzen z. B. an Armen und Handgelenken (Sehnenscheidenentzündung), Nacken, Rücken und Augen
So beugt ihr einer Medien- und Computerspielsucht bei Kindern vor
- Regeln statt Verbote Anstatt eurem Kind digitale Medien und Computerspiele komplett zu verbieten, stellt gemeinsam klare und altersgerechte Regeln auf. Ziel ist es nicht, alle digitalen Vorlieben eures Kindes zu verbieten, sondern es in Medienkompetenz zu schulen – also Schritt für Schritt selbst ein Gefühl für einen maßvollen und altersgerechten Medienkonsum zu bekommen. Dazu könnt ihr einen gemeinsamen Vertrag aufsetzen, den ihr und euer Nachwuchs unterschreibt. Daraus sollte klar hervorgehen, wann und wie lange euer Kind welche Medien oder Spiele nutzen darf. Begründet eure Regeln, damit sich euer Nachwuchs ernst genommen fühlt – ihr könnt die Gründe ebenfalls in dem Vertrag festhalten. Natürlich wird es dennoch auch mal zu Diskussionen kommen. Bleibt dann fair, aber strikt. Dadurch spürt euer Kind, dass es sich an euren Regeln orientieren kann und fühlt sich sicher.
- Vorbildfunktion Wie immer steht und fällt das Verhalten eines Kindes meist auch mit dem Verhalten seiner Eltern. Je mehr Zeit ihr mit digitalen Medien und Computerspielen verbringt, desto mehr ahmen euch auch eure Kinder nach. Die erste und wichtigste Vorbeugung einer Computerspielsucht seid daher ihr selbst. Haltet ihr die Mediennutzung in Maßen und schenkt euren Kindern bei gemeinsamer Zeit ausreichend Aufmerksamkeit, ist das die beste und auch einfachste Grundlage für eine maßvolle Nutzung digitaler Medien, die dann auch förderlich und spaßig sein kann.
- Alternativen Zudem ist es wichtig, dass ihr eurem Kind interessante und spannende Alternativen aufzeigt und es motiviert, seine Talente und Leidenschaften zu entdecken. Wie wäre es mit Sport, kreativen Hobbys (Musik, Zeichnen, Fotografieren, Kochen, Basteln, Handwerk etc.) oder Unternehmungen mit Freund*innen? Ganz wichtig ist hierbei, dass es nicht euer Wunsch ist, sondern dass euer Kind Freude daran hat. Auch kann es inspirierend und motivierend für euer Kind sein, wenn ihr ebenfalls einem Hobby nachgeht.
- Nutzt Kinderschutzfunktionen Regeln sind unerlässlich, wenn es um die Mediennutzung und das Spielen von Computerspielen eurer Kinder geht. Ergänzt diese aber am besten mit sinnvollen Schutzfunktionen wie etwa einer Suchmaschine für Kinder.
Noch mehr Tipps!
Euer Kind ist computerspielsüchtig – und jetzt?
Sprecht mit euerm Kind und hört ihm zu
Vermutet ihr, dass euer Kind computerspielsüchtig ist, geht sensibel auf es zu und sucht das Gespräch und klärt altersgerecht über die Risiken des exzessiven Spielens auf. Unerlässlich dabei ist, den Gründen auf die Spur zu kommen. Häufig kompensieren Kinder mit der Gaming-Sucht unbefriedigte Bedürfnisse wie den Wunsch nach Liebe, Aufmerksamkeit, Anerkennung oder sie erfahren vielleicht Ablehnung/Mobbing im Schul- und Freundeskreis, haben häufig Langeweile (dahinter steckt oft der Wunsch oder der Druck, etwas Erfüllendes und Sinnvolles tun zu wollen) usw.
Expert*innenrat
Bevor ihr nun strikte Regeln aufstellt, solltet ihr bei der Vermutung einer Computerspielsucht am besten Rat von Expert*innen einholen. Eine Sucht lässt sich in der Regel nicht ausschließlich durch strikte Regeln besiegen. Und das Scheitern vergrößert den Frust und Leidensdruck aller Familienmitglieder obendrein. Unterstützung durch Fachleuten ist dann die beste Lösung. Neben Ärzt*innen und Therapeut*innen könnt ihr euch auch erst mal telefonisch (auch anonym) bei Suchtberatungsstellen oder Selbsthilfegruppen informieren und austauschen.
Schulen und Politik sind gefragt!
Zudem raten Expert*innen, dass Mediensuchtprävention auch an Schulen geleistet werden müsse und schlagen außerdem ein kinder- und jugendärztliches Mediensucht-Screening vor. Auch Verbote beispielsweise für käufliche Lootboxen - „Beutekiste“, die Computerspielenden nach einem bestimmten Spielziel als Lockmittel angepriesen wird und oft eine Kostenfalle ist - seien sinnvoll.