Paracetamol ist in Deutschland das meistverkaufte Medikament bei leichten bis mäßig starken Schmerzen. Etwa 50 Prozent der Schwangeren nehmen Schmerzmittel ein. Der Großteil entscheidet sich für Paracetamol. Hauptgründe der Einnahme sind Kopfschmerzen und Fieber. Bis vor wenigen Jahren deutete die Studienlage allerdings darauf hin, dass Paracetamol schädlich für die Hirnentwicklung des Kindes sei.
Paracetamol in der Schwangerschaft – alte Studienlage
Mehrere Studien wie die der Johns Hopkins University Bloomberg School of Public Health aus dem Jahr 2019 meinten einen Zusammenhang zwischen dem Nachweis des Wirkstoffes im Nabelschnurblut und den Diagnosen ADHS und Autismus bei Kindern herstellen zu können. Laut der Studie gab es wesentlich mehr Fälle von Entwicklungsstörungen bei Kindern, wenn das Schmerzmittel während der Schwangerschaft eingenommen wurde, beziehungsweise konnten stärkere gesundheitliche Beeinträchtigungen bei den Kindern festgestellt werden.
Dennoch bewies das noch keinen eindeutigen Zusammenhang, da beispielsweise auch die genetischen Anlagen der Familien und die jeweiligen Umwelteinflüsse in die Untersuchungen hätten einfließen müssen.
Laut Dr. Andrew Shennan, Professor für Geburtshilfe am King’s College London, könne es möglich sein, dass Paracetamol bei den untersuchten Schwangeren nicht der Auslöser für Autismus sei, sondern dass das erhöhte oder verstärkte Risiko der Entwicklungsstörung eher durch den Grund der Einnahme des Schmerzmittels entstehe. Es spiele also ebenfalls eine wichtige Rolle, welche Beschwerden die Schwangere mit Paracetamol lindern will beziehungsweise welche Ursachen den Schmerzen zugrunde liegen.
Quelle: Daily Mail Online
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Paracetamol in der Schwangerschaft – neue Studienlage
Eine neue und groß angelegte schwedisch-amerikanische Studie scheint nun endgültig zu belegen, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Paracetamol-Einnahme in der Schwangerschaft und Spätfolgen wie ADHS, Autismus und geistigen Behinderungen bei Kindern gibt. Hierzu wertete das Forscherteam um Dr. Viktor H. Ahlqvist vom Karolinska Institut in Stockholm die Gesundheitsdaten von 2 .480. 797 Millionen Kindern in Schweden aus, die zwischen 1995 und 2019 geboren wurden. Die Nachbeobachtung lief bis Dezember 2021. Da bei vorherigen Studien nie mögliche genetische, umwelt- und sozioökonomische Einflüsse miteinbezogen wurden, wurden in der schwedischen Studie nun neurologische Entwicklungsstörungen zwischen Geschwistern mit fast identischen Einflüssen verglichen.
Ergebnisse der Studie
7,49 Prozent der Kinder (185.909) kamen im Bauch der Mutter mit Paracetamol in Kontakt.
In der ersten Analyse (Rohanalyse/ohne mögliche Störfaktoren) hatten diese Kinder mit zehn Jahren ein um …
- 7 Prozent erhöhtes ADHS-Risiko
- 5 Prozent erhöhtes Autismus-Risiko
- 5 Prozent erhöhtes Risiko für geistige Behinderungen/intellektuelle Einschränkungen
Um nun auch mögliche Störfaktoren ausschließen zu können, verglich das Team in einer zweiten Analyse Geschwisterpaare, von denen nur eins mit Paracetamol in Kontakt kam.
Die Ergebnisse
Alle zuvor erhöhten Risiken der Kinder, die mit Paracetamol im Bauch der Mutter in Kontakt kamen, gingen wieder zurück (Hazard-Ratio lag bei allen drei Risiken um 1 – dies bedeutet, dass es aus statistischer Sicht keinen Unterschied zwischen zwei Gruppen gibt).
Auch die häufige Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft erhöhte die Risiken nicht.
Man geht also davon aus, dass andere Faktoren wie genetische beziehungsweise elterliche das jeweilige Risiko erhöhen und eben nicht die Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft.
Paracetamol gilt somit wieder als eines der ersten Mittel der Wahl, wenn ihr auf Schmerzmittel in der Schwangerschaft zurückgreifen müsst.
Trotzdem ärztliche Abklärung!
Bedenkt man, dass Paracetamol sowieso nur bei leichten bis mäßigen Schmerzen wirkt, empfehlen wir euch, vor der Einnahme erstmal alternative Therapieformen wie Entspannungstechniken, Physiotherapie etc. auszuprobieren.
Sofern ihr auf Schmerzmittel zurückgreifen müsst, verzichtet auf eine Selbstmedikation und sichert euch zuvor immer ärztlich ab. Dann könnt ihr nicht nur das Medikament, sondern auch die Menge und Dauer genau abklären.
Außerdem heißt es auf Embryotox, dass Schwangere im 1. und 2. Trimenon, sofern notwendig, ein anderes Schmerzmittel nehmen sollten.