In chinesischen Parks gehört das Bild zum Alltag: Menschengruppen, die sich in langsamen, fließenden Körperübungen verlieren. Ein reines Workout ist Qigong aber nicht. Die einzelnen Bewegungen dienen der Konzentration und Selbstheilung. Der Meditierende nimmt Körper und Geist wahr und bringt dadurch seine Lebensenergie Qi in einen ungestörten Fluss.
Körperliche Gesundheit und seelisches Wohlbefinden gehören im ganzheitlichen Ansatz der Traditionellen chinesischen Medizin (TCM) zusammen. Fließt die Energie ungehindert durch den Körper, sind wir laut TCM gesund. Qigong wird daher von seinen Anhängern sowohl zur Prävention als auch zur Krankheitstherapie genutzt.
Die Silbe „Gong“ bedeutet Arbeit oder ständige Übung. Qigong zu praktizieren bedeutet also: an seiner Lebensenergie arbeiten. Auch bei uns werden die Übungen immer beliebter, viele Yogastudios oder Kampfsportschulen bieten Kurse an.
Qigong: Wie läuft es ab, was gehört dazu?
Qigong führen die meisten Menschen im Stehen aus, sie üben dabei im Park auf Grasboden, zu Hause auf einem Teppich oder auf einer Matte. Der Meditierende konzentriert sich dabei auf seine Atmung und bestimmte Körperteile. Er stellt sich vor, wie seine Lebensenergie durch ihn hindurchfließt. Langsame, zielgerichtete Bewegungen unterstützen die Übungen. Sie sind an die Tier- und Pflanzenwelt angelehnt: wie ein Vogel durch die Lüfte gleiten oder wie ein Baum fest in die Erde drücken.
In der TCM unterscheidet man zwei Arten: Das stille Qigong, bei dem fast keine Bewegung sichtbar ist und das bewegte, bei dem sich der Körper auch im Außen rührt. Wie die Diätetik der TCM ordnet das Qigong einige Übungen bestimmten Organen und Krankheitsbildern zu. Generell gilt, dass alle Übungen Harmonie bringen und die Lebensenergie fließen lassen.
Wie wirkt Qigong auf die Gesundheit?
Für Menschen aus westlichen Kulturen lassen sich Ziele wie fließende Energie und Harmonie von Yin und Yang schwer greifen. Aber der positive Effekt von regelmäßigem Qigong und Taiji / Tai chi auf die Gesundheit lässt sich auch viel konkreter fassen. Wer zwei- bis dreimal pro Woche für mindestens zwanzig Minuten trainiert,
stärkt den Kreislauf und löst Muskelverspannungen; beugt Rückenbeschwerden vor; senkt den Blutdruck und baut durch die tiefe Bauchatmung Stress ab; stärkt Muskeln und Gelenke, ohne dass sie dabei zu stark belastet werden; stabilisiert das vegetative Nervensystem durch Meditation.
Die Übungen sind so sanft, dass sie auch für Reha-Sport geeignet sind – dies sollte allerdings unter Anleitung stattfinden. Vielen Menschen helfen die Meditations- und Atemübungen bei Angstzuständen, Nervosität und Schlafstörungen.
Drei beliebte Qigong-Übungen zum Mitmachen
„Der breite Hüftstand“
- Sie stehen hüftbreit, die Füße parallel zueinander und mit leicht gebeugten Knien. Becken und Fersen bilden eine Linie übereinander.
- Verteilen Sie das Körpergewicht gleichmäßig auf beide Füße. Der untere Rücken ist ganz entspannt, Arme und Schultern hängen locker zur Seite.
- Die Schultern lassen in der Achsel etwas Raum. Entspannen Sie Bauch, Rücken, Schultern und Nacken und atmen Sie gleichmäßig.
- Stellen Sie sich vor, Ihren Kopf zieht es in den Himmel, während die Füße in den Boden sinken. Spüren Sie in dieser Position eine Weile in Ihren Körper hinein.
„Den Bogen spannen und auf einen Adler zielen“
- Kreuzen Sie die Arme vor der Brust (linke Hand außen), die Handflächen zeigen zum Körper.
- Drehen Sie die linke Handfläche nach außen und formen Sie mit Zeige- und Mittelfinger ein V.
- Beim Einatmen führen Sie nun den linken Arm auf Brusthöhe vom Körper weg zur linken Seite, bis er fast ausgestreckt ist.
- Wenden Sie den Kopf nach links und schauen Sie durch die beiden gespreizten Finger.
- Die rechte Hand bleibt vor der Brust – so als würden Sie einen Bogen spannen, die rechte Schulter schiebt sich dabei leicht nach hinten.
- Beim Ausatmen strecken Sie nun den rechten Arm nach rechts, schauen geradeaus und kreuzen die Arme anschließend in einer fließenden Bewegung wieder vor der Brust (rechte Hand außen). Führen Sie jetzt die Übung spiegelverkehrt aus.
„Den Himmel stützen“
- Verschränken Sie die Finger vor dem Unterleib.
- Führen Sie die Arme beim Einatmen vor dem Körper mit angewinkelten Ellenbogen über den Kopf und drehen Sie dabei auf Höhe des Gesichtes die Handflächen nach außen.
- Drücken Sie über dem Kopf die Ellenbogen etwas durch und „stützen“ Sie „den Himmel“. Die Schultern drücken Sie dabei leicht nach unten, Bauch und Rücken sind entspannt.
- Spüren Sie, wie das Steißbein Richtung Boden sinkt und sich der Rücken verlängert. Beine und Knie bleiben unverändert. Bewegen Sie mit beim Ausatmen die Arme gleichmäßig seitwärts nach unten und beginnen Sie in einer fließenden Bewegung von vorne.
Taiji (Tai chi) und Qigong – das sind die Unterschiede
Taiji ist eine alte chinesische Kampfkunst, die hauptsächlich der Selbstverteidigung dient. Wie auch das Qigong ist Taiji sehr meditativ und verbindet Atem- und Körperübungen. Während Qigong oft statisch ist, verlagern Sie das Gewicht beim Taiji von einem Bein auf das andere. Gleichzeitig führen Sie harmonische Bewegungen mit den Armen aus.
Die Abläufe folgen der Harmonie zwischen Yin und Yang: Auf jedes Heben folgt ein Senken, auf jede Drehung nach links eine Wendung nach rechts. Die Übungen sind also dynamischer als beim Qigong – schließlich geht es darum, Kampftechniken effektiv auszuführen. Während der Qigong-Übende sich selbst genügt und sich nicht mit einem Gegner auseinandersetzt. Trotz dieser Unterschiede lassen sich die beiden Techniken wunderbar miteinander kombinieren und viele Übungen gleichen sich.
TCM-Übungen: Gibt es gesundheitliche Risiken?
Wer Probleme mit Rücken, Knien oder Hüftgelenken hat, sollte sich vor dem Training von einem Arzt durchchecken lassen. Ungeübte lassen sich am besten von einem professionellen Lehrer einweisen.
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