Biologische Wertigkeit kurz und knapp
Der Artikel erläutert die biologische Wertigkeit von Proteinen, ein Maß für die Verwertbarkeit von Eiweiß im Körper. Er beschreibt die Zusammensetzung von Proteinen aus Aminosäuren, wobei acht essentiell sind und über die Nahrung aufgenommen werden müssen. Der Artikel vergleicht die biologische Wertigkeit tierischer und pflanzlicher Proteine, wobei letztere meist niedrigere Werte aufweisen. Es werden Beispiele für Lebensmittel und deren Kombinationen mit unterschiedlicher biologischer Wertigkeit genannt, und die Bedeutung für eine ausgewogene Ernährung, insbesondere im Sport, wird hervorgehoben. Schließlich werden Empfehlungen der DGE zur täglichen Eiweißzufuhr präsentiert.
Proteine (Eiweiße) sind ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Sie helfen beim Muskelaufbau, halten schlank und dienen dem Sauerstofftransport sowie als Antikörper, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Allerdings können Proteine, die wir über die Nahrung zu uns nehmen, nicht 1:1 vom Körper verwertet werden. Wie gut ein Nahrungsprotein tatsächlich in körpereigenes Protein umgewandelt werden kann, lässt sich mithilfe der biologischen Wertigkeit (BW) feststellen.
Was bedeutet biologische Wertigkeit und wie wird der Wert ermittelt?
Biologische Wertigkeit ist ein Maß dafür, wie gut Proteine, die in Lebensmitteln enthalten sind, vom Körper aufgenommen und verwertet werden können. Als Referenzwert dient das Hühnerei, dessen biologische Wertigkeit bei 100 liegt. Wird das in einem Lebensmittel enthaltene Protein besser vom Körper verwertet als das eines Hühnereis, liegt seine biologische Wertigkeit über 100. Wird es schlechter verwertet, liegt es unter 100. Je höher die biologische Wertigkeit eines Proteins ist, desto weniger benötigt man, um seinen Eiweißbedarf zu decken. Für eine ganzheitliche Betrachtung Ihrer Ernährungsweise lesen Sie unseren Artikel über ausgewogene und gesunde Ernährung.
Woraus bestehen Proteine?
Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine. Diese setzen sich in unterschiedlicher Anzahl und Anordnung zu unterschiedlichen Aminosäureketten zusammen und bilden somit unterschiedliche Eiweiße. Acht der insgesamt 20 Aminosäuren sind unentbehrlich (früher: essenziell) für den menschlichen Körper. Eben diese kann der Körper nicht selbst herstellen. Sie müssen daher über die Nahrung zugeführt werden.
Die 8 unentbehrlichen Aminosäuren sind: Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin
Für Wachstums- und Genesungsphasen gelten zudem die beiden Aminosäuren Histidin und Arginin als lebensnotwendig und werden somit als semi-essenzielle Aminosäuren bezeichnet.
Formel der biologischen Wertigkeit
Die Stickstoffmenge, die im menschlichen Körper verbleibt, wird durch die Stickstoffmenge geteilt, die man über den Nahrungsmittelverzehr aufgenommen hat. Anschließend multipliziert man das Ergebnis mit der Zahl 100.
Unterscheidet sich die biologische Wertigkeit von tierischem und pflanzlichem Eiweiß?
Ja! Personen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, müssen stärker darauf achten, ihren Eiweißbedarf ausreichend zu decken, da tierisches Eiweiß in der Regel eine höhere biologische Wertigkeit hat als pflanzliches Protein. Der Grund ist, dass tierisches Eiweiß den Proteinen des menschlichen Körpers ähnlicher ist als pflanzliches.
Wie Sie Ihren Fleischkonsum reduzieren können und welche Vorteile dies hat, erfahren Sie in unserem Beitrag Weniger Fleisch essen.
Biologische Wertigkeit bestimmter Lebensmittel
Lebensmittel | Biologische Wertigkeit |
---|---|
Vollei | 100 |
Thunfisch | 92 |
Soja | 84 |
Kartoffel | 76 |
Rindfleisch | 84 |
Kuhmilch | 82 |
Hafer | 60 |
Mais | 74 |
Linsen | 60 |
Erbsen | 59 |
Wie kann man die biologische Wertigkeit verbessern?
Nicht nur für Vegetarier und Veganer lohnt es sich, bestimmte Nahrungsmittel miteinander zu kombinieren, um die biologische Wertigkeit zu erhöhen. Das funktioniert, da sich bestimmte Lebensmittel in ihren Aminosäuremustern ergänzen.
Erfahren Sie mehr über natürliche und unverarbeitete Lebensmittel in unserem Beitrag zu Clean Eating.
Biologische Wertigkeit bestimmter Lebensmittelkombinationen
Die Prozentangaben zeigen das Verhältnis des enthaltenen Proteins an.
- 34% Vollei + 66% Kartoffeln = 136
- 70% Molkenprotein + Kartoffeln = 134
- 75% Milch + 25% Weizenmehl = 125
- 60% Vollei + 40% Soja = 123
- 55% Vollei + 45% Erbsen = 120
- 51% Milch + 49% Kartoffeln = 114
- 77% Rindfleisch + 23% Kartoffeln = 113
- 55% Soja + 45% Reis = 111
- 45% Soja + 55% Kartoffeln = 103
- 51% Bohnen + 49% Mais = 99
Einfluss von Zubereitungsmethoden auf die biologische Wertigkeit
Die Zubereitung von Lebensmitteln spielt eine entscheidende Rolle für die biologische Wertigkeit der enthaltenen Proteine. Verschiedene Koch- und Verarbeitungsmethoden können die Verfügbarkeit und Qualität der Proteine beeinflussen, indem sie deren Struktur verändern oder die Verdaulichkeit verbessern.
- Erhitzung und Denaturierung:Beim Erhitzen von Proteinen, wie beispielsweise beim Kochen von Eiern oder Fleisch, werden die Proteinstrukturen denaturiert. Dieser Prozess erleichtert den Enzymen im Verdauungstrakt den Zugang zu den Aminosäuren, wodurch die Verdaulichkeit und damit die biologische Wertigkeit erhöht werden kann. Ein Beispiel ist das Garen von Eiern: Gekochte Eier haben eine höhere Verdaulichkeit als rohe Eier, was ihre biologische Wertigkeit steigert.
- Übermäßiges Erhitzen:Zu hohe Temperaturen oder zu langes Erhitzen, wie beim Frittieren oder Grillen, können die Proteinqualität jedoch negativ beeinflussen. Bei diesen Prozessen entstehen chemische Veränderungen, wie die Bildung von Maillard-Produkten, die die Verdaulichkeit verringern und die biologische Wertigkeit mindern können.
- Fermentation:Fermentierte Lebensmittel wie Tempeh oder Joghurt weisen oft eine verbesserte biologische Wertigkeit auf. Durch die Aktivität von Mikroorganismen werden Proteine teilweise vorverdaut, wodurch sie leichter zugänglich für den Körper werden.
- Einweichen und Keimen:Bei pflanzlichen Proteinquellen wie Hülsenfrüchten oder Getreide kann Einweichen oder Keimen die biologische Wertigkeit erhöhen. Diese Prozesse reduzieren antinutritive Stoffe wie Phytinsäure, die die Verfügbarkeit von Aminosäuren hemmen können.
- Rohverzehr bei empfindlichen Proteinen:Einige Lebensmittel, wie Molkenprotein in Proteinshakes, behalten ihre hohe biologische Wertigkeit am besten, wenn sie nicht erhitzt werden. In solchen Fällen kann eine schonende Verarbeitung sinnvoller sein.
Die Wahl der richtigen Zubereitungsmethode kann die biologische Wertigkeit von Proteinen positiv beeinflussen. Während moderate Hitze die Verdaulichkeit verbessern kann, sollten übermäßige Temperaturen vermieden werden. Fermentation und Keimung sind effektive Strategien, um den Nährwert pflanzlicher Proteinquellen zu maximieren. Indem Sie auf die Zubereitung achten, können Sie sicherstellen, dass die Proteine in Ihrer Ernährung optimal vom Körper genutzt werden.
Biologische Wertigkeit im Sport
Der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister David Storl erklärt im Experteninterview:„Die biologische Wertigkeit spielt in meiner täglichen Ernährung natürlich eine Rolle, da eine ausreichende Proteinzufuhr für die Muskulatur und die Regeneration sehr wichtig ist. Für mich ist es dabei nicht damit getan, so viel Protein wie möglich zu mir zu nehmen, sondern ich kombiniere Lebensmittel, um die Wertigkeit noch zu erhöhen. Das bietet neben der optimierten Proteinzufuhr auch noch mehr Abwechslung auf dem Teller – abseits vom einfachen Protein-Shake. Oft bieten althergebrachte Rezepte schon die richtigen Zutaten. Zum Beispiel das sogenannte Bauernfrühstück aus Bratkartoffeln und Ei. Es ist gar nicht aufwendig, abwechslungsreich und proteinoptimiert zu kochen!“
Hohe biologische Wertigkeit allein genügt nicht!
Zwar kann die biologische Wertigkeit als Hilfe für eine proteinreiche Ernährung angesehen werden, allerdings sagt sie zum Beispiel nichts darüber aus, wie hoch die Qualität des Lebensmittels insgesamt ist – so sind auch Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralien und Co. wichtig - wie gut die Proteine tatsächlich vom Körper verdaut (Proteinverdaulichkeit) werden können und wie hoch die absolut enthaltenen Eiweißmengen der Lebensmittel sind.
Niedrige biologische Wertigkeit und die Gesundheit
Proteine sind essenziell für zahlreiche Prozesse im menschlichen Körper, von der Muskelbildung über die Funktion des Immunsystems bis hin zur Produktion von Enzymen und Hormonen. Wenn die Ernährung jedoch überwiegend aus Lebensmitteln mit einer niedrigen biologischen Wertigkeit besteht, kann dies langfristig negative gesundheitliche Folgen haben.
- Mangel an essenziellen Aminosäuren Lebensmittel mit einer niedrigen biologischen Wertigkeit enthalten oft nicht alle essenziellen Aminosäuren in ausreichender Menge. Essenzielle Aminosäuren können vom Körper nicht selbst produziert werden und müssen daher über die Nahrung aufgenommen werden. Ein chronischer Mangel kann die Proteinsynthese beeinträchtigen, was die Reparatur von Gewebe und die Bildung neuer Zellen verlangsamt.
- Muskelabbau und Schwäche Ohne eine ausreichende Versorgung mit hochwertigem Protein ist der Körper gezwungen, auf körpereigenes Protein, insbesondere aus den Muskeln, zurückzugreifen. Dies kann zu Muskelabbau, einer verringerten körperlichen Leistungsfähigkeit und allgemeiner Schwäche führen.
- Beeinträchtigtes Immunsystem Proteine spielen eine Schlüsselrolle in der Produktion von Antikörpern und anderen Immunzellen. Ein Mangel an hochwertigem Protein kann die Fähigkeit des Körpers, Infektionen abzuwehren und Entzündungen zu kontrollieren, erheblich reduzieren.
- Wachstumsstörungen bei Kindern Bei Kindern, die auf eine ausgewogene Zufuhr von essenziellen Aminosäuren angewiesen sind, kann eine Ernährung mit niedriger biologischer Wertigkeit das Wachstum und die Entwicklung negativ beeinflussen. Es kann zu Verzögerungen im körperlichen und geistigen Wachstum kommen.
- Verringerte Heilungs- und Regenerationsfähigkeit Wunden und Verletzungen benötigen für die Heilung eine erhöhte Proteinzufuhr. Eine Ernährung mit einer niedrigen biologischen Wertigkeit kann diesen Bedarf nicht decken, wodurch sich Heilungsprozesse verlängern können.
- Energieverlust und Müdigkeit Wenn dem Körper essenzielle Aminosäuren fehlen, kann die allgemeine Stoffwechselaktivität beeinträchtigt werden. Dies führt zu Energiemangel, Erschöpfung und einer geringeren Belastbarkeit im Alltag.
Eine langfristige Ernährung mit Proteinen niedriger biologischer Wertigkeit kann zu einem Defizit an essenziellen Aminosäuren und schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen. Um dies zu vermeiden, sollten Lebensmittel mit hoher biologischer Wertigkeit wie Eier, Milchprodukte, Fisch oder gezielt kombinierte pflanzliche Proteine in den Speiseplan integriert werden. Eine bewusste Auswahl der Proteinzufuhr ist entscheidend, um die Gesundheit aufrechtzuerhalten und den Körper optimal zu unterstützen.
Wieviel Eiweiß braucht man pro Tag?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt:
- 1,0 bis 2,5 Gramm pro Kilo Körpergewicht bei Säuglingen und Kleinkindern
- 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht bei Erwachsenen und Jugendlichen
- 1,0 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht bei Senioren (ab 65 Jahren)
- 0,9 bis 1,2 Gramm pro Kilo Körpergewicht bei Schwangeren und Stillenden sowie eine zusätzliche Zufuhr zwischen sieben und 23 Gramm Eiweiß pro Tag
Hier finden Sie die ausführliche Tabelle der DGE.
Quellen und hilfreiche Links
Die evidenzbasierte Leitlinie der DGE untersucht den Zusammenhang zwischen der Menge und Art von Nahrungsproteinen und verschiedenen gesundheitlichen Aspekten wie Blutdruck, kardiovaskulären Erkrankungen und Muskelgesundheit.
Diese Publikation bietet Referenzwerte für die Proteinzufuhr und diskutiert die Unterschiede in der Aminosäurenzusammensetzung und Bioverfügbarkeit zwischen pflanzlichen und tierischen Proteinen.
Kofrányi, E. & Müller-Wecker, H. (1961). Zur Bestimmung der biologischen Wertigkeit von Nahrungsproteinen. In B. Brüne et al. (Hrsg.), Biological Chemistry, Bd. 325, S. 60-64. Walter De Gruyter.