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Frau im Gespräch mit ihrer Psychologin

Verhaltenstherapie: Ungute Denkweisen überschreiben

Die Verhaltenstherapie basiert auf der Idee, dass psychische Erkrankungen durch ungünstige Lernerfahrungen entstehen. Diese negativen Denk- und Verhaltensweisen sollen in der Therapie wieder verlernt werden.

Die Verhaltenstherapie ist die am häufigsten verschriebene Psychotherapie. Sie bildet den Gegenpol zur Psychoanalyse: Während dort vor allem Ihr Unbewusstes ergründet wird, konzentriert sich die Verhaltenstherapie auf akute Probleme und konkretes Verhalten. Damit sind nicht nur Handlungen und körperliche Reaktionen gemeint, sondern auch Gedanken, Gefühle und Bewertungen. Ihre Vergangenheit und Geschichte stehen bei der Verhaltenstherapie also weniger im Mittelpunkt – vielmehr wird versucht, Ihre heutigen Denk- und Verhaltensweisen zu ändern.

 Die Idee hinter dieser Therapie ist ein lerntheoretischer Ansatz. Demnach wird menschliches Verhalten durch Erfahrungen geprägt. Und positive neue Erlebnisse helfen dabei, negatives Verhalten durch bessere Verhaltensmuster zu ersetzen.  

Verhaltenstherapie – der richtige Mix aus Theorie und Praxis

Am Anfang der Verhaltenstherapie erstellen Sie mit dem Therapeuten oder der Therapeutin eine möglichst genaue Diagnose. Wann treten das unerwünschte Verhalten oder die unerwünschten Gefühle auf? Wie oft und in welchen Situationen? 

Ist das Störungsbild erkannt, werden Sie vom Therapeuten oder der Therapeutin ausführlich darüber aufgeklärt: Was sind die Symptome? Wie entsteht die Störung? Wie kann sie behandelt werden? Meistens sind Sie mit Ihrem Problem längst nicht so allein, wie Sie dachten.

Dann legen Sie gemeinsam möglichst konkrete Ziele für die Therapie fest und vermerken im Therapieplan, bis wann Sie diese erreichen wollen. Haben Sie zum Beispiel eine Sozialphobie, könnte das erste Ziel ein kurzes Treffen mit wenigen Menschen sein. Im Laufe der Therapie steigern Sie die Dosis langsam und für das Ende der Therapie nehmen Sie sich den Besuch eines Geburtstags vor. Diese Art der Therapie funktioniert nur, wenn Sie aktiv mitarbeiten und die Ziele ernst nehmen – auch außerhalb der Sitzungen. Meist bekommen Sie von Woche zu Woche Hausaufgaben auf, um das Gelernte auch im Alltag anzuwenden.

Systemische Therapie: der Mensch als Teil seines Umfelds

In der Systemischen Therapie werden psychische Krankheiten nicht als persönliche Probleme gesehen, sondern als Produkt von gestörten Beziehungen. Der Mensch kann deshalb nicht losgelöst von seinen Bezugspersonen betrachtet oder therapiert werden.

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Neue Pfade erkunden – psychische Krankheiten sind Lernprozesse

In der Verhaltenstherapie werden psychische Krankheiten als das Ergebnis von ungesunden Lernprozessen gesehen. Im Laufe Ihres Lebens haben Sie bestimmte Verhaltensweisen gelernt und bestimmte Glaubenssätze erworben. Diese müssen Ihnen nicht mal bewusst sein, um Ihr Leben stark zu beeinträchtigen – denn sie lasten jeden Tag unerkannt auf Ihren Schultern.

In der Therapie sollen Sie sich diese unguten Denk- und Handlungsmuster zunächst bewusst machen. Im zweiten Schritt versuchen Sie dann, diese mit positiven Mustern zu überschreiben. Zum Beispiel tief durchzuatmen und bis zehn zu zählen, wenn sich der nächste Wutanfall anbahnt. Diese neuen Handlungsweisen stellen Sie sich zunächst in der Therapie vor, um sie dann bei der nächsten Gelegenheit im Alltag anzuwenden.

Durch das Wiederholen des neuen Musters schleift sich dieses irgendwann ein und wird zur normalen Reaktion. Denn die Vernetzungen für Reiz-Reaktionen im Gehirn lassen sich mit Feldwegen vergleichen, die unterschiedlich oft benutzt werden. Handeln Sie in einer bestimmten Situation immer wieder auf dieselbe Weise, wird der entsprechende Feldweg breiter ausgetreten. Und somit wird diese Reaktion beim nächsten Mal wahrscheinlicher – bis sie zum Automatismus wird.

Während der Therapie versuchen Sie nun, neue und bessere Wege auszutreten. Hierfür sind am Anfang viel Achtsamkeit und Selbstdisziplin nötig. Doch mit der Zeit wuchern die ungesunden Wege langsam wieder zu und die neuen Pfade werden breiter und bequemer. Und irgendwann kommt Ihnen das gesunde Verhalten ganz selbstverständlich vor. Dann kostet es auch keine Kraft mehr.

Für wen ist eine Verhaltenstherapie sinnvoll? Welche Alternativen gibt es?

Die Verhaltenstherapie gehört zu den vier Therapieformen, die von deutschen Krankenkassen getragen werden. Sie stellen also zusammen mit dem Therapeuten oder der Therapeutin einen Antrag bei der Krankenkasse – und wenn diese zustimmt, übernimmt sie die vollen Kosten der Therapie.

Im Vergleich zu den anderen drei Therapierichtungen – der analytischen Psychotherapie, der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der systemischen Therapie – ist die Verhaltenstherapie am stärksten auf praktische Anwendung ausgelegt.

Sie ist besonders sinnvoll bei: 

  • Phobien
  • Angststörungen
  • Zwangsstörungen
  • Essstörungen
  • Suchterkrankungen

Außerdem kommt sie bei Depressionen, Schizophrenie, sexuellen Funktionsstörungen und psychosomatischen Störungen zum Einsatz. Eine Verhaltenstherapie kann als Kurzzeit- oder Langzeitbehandlung verschrieben werden. Die kurze Therapie dauert 24 Sitzungen, die Langzeittherapie dauert 60 Sitzungen und kann auf 80 Sitzungen verlängert werden. Normal sind dabei ein bis zwei Sitzungen pro Woche.

Digitale Nachsorge bei psychischen Erkrankungen

Das Versorgungsprogramm von mentalis unterstützt Patient*innen mit einer psychischen Erkrankung nach einem stationären Aufenthalt bei der Rückkehr in den Alltag. Mit einer Kombination aus psychologischer Begleitung durch Tele-Coaches und digitaler Nachsorge per App helfen die Programme individuell, nach dem Klinikaufenthalt wieder im alltäglichen Leben anzukommen.

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