Skin-Picking-Disorder: So stoppt ihr zwanghaftes Hautzupfen

Letzte Aktualisierung: 11. November 2025Lesezeit: 5 Minuten
Viele Menschen knibbeln gelegentlich an Hautunreinheiten oder Pickeln herum. Doch bei der Skin-Picking-Disorder (Dermatillomanie) wird das Zupfen, Kratzen oder Drücken zwanghaft (pathologisch) und kann zu Wunden, Narben und seelischem Stress führen. Wir erklären euch, an welchen Symptomen ihr die Impulskontrollstörung erkennt, welche Ursachen und Risiken bestehen und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.
Skin-picking

Inhalt

Was ist die Skin-Picking-Disorder (SPD)?

Die Skin-Picking-Disorder – kurz SPD – wird auch Dermatillomanie, Excoriation-Disorder/Exkoriationsstörung und Akne Excoirrée genannt. Sie ist eine eigenständige psychische Erkrankung, die zum Zwangsspektrum und genau genommen zu den Impulskontrollstörungen gehört – ähnlich wie Trichotillomanie (zwanghaftes Haareausreißen) und Fingernägelkauen. Man spricht hierbei auch von körperbezogenen repetitiven Verhaltensweisen (engl. „body-focused repetitive behaviors“; kurz: BFRBs)

Hierbei kratzen, zupfen, quetschen oder drücken Betroffene wiederholt und zwanghaft an ihrer Haut herum. Meist werden kleine Unreinheiten, Pickel, Krusten oder vermeintliche Unebenheiten bearbeitet, aber auch komplett gesunde Haut. 

SPD führt daher oft zu Wunden, Narben und Entzündungen. Entscheidend dabei ist, dass das Verhalten kaum oder gar nicht kontrolliert werden kann, über längere Zeit anhält und zu deutlichem Leidensdruck führt. 

Welche Dermatillomanie-Symptome gibt es?

Hauptsymptome der Dermatillomanie sind wiederkehrendes, oft stundenlanges Bearbeiten der Haut mit den Fingern sowie Fingernägeln und Hilfsmitteln wie Pinzetten oder Nadeln. Betroffene konzentrieren sich meist auf Gesicht, Arme, Hände oder Beine, allerdings kann auch die gesamte Haut betroffen sein.

Alle Skin-Picking-Disorder-Symptome:

  • unkontrollierbares Zupfen, Kratzen, Ausdrücken von Pickeln, Hautunebenheiten, Milien, Mitessern, Muttermalen und gesunder Haut.
  • offene Wunden bzw. Entzündungen und Narben, die durch das ständige Manipulieren entstehen.
  • wiederkehrende Infektionen, da verletzte Haut anfälliger für Keime wie Bakterien ist.
  • ritualisiertes Verhalten, zum Beispiel das ständige Kontrollieren vor dem Spiegel oder das gezielte Suchen nach „Stellen“.
  • unbewusstes Knibbeln – ähnlich wie beim Fingernägelkauen.
  • psychischer Stress, Scham, Schuldgefühle oder Angst, da andere die Hautveränderungen bemerken könnten.

Viele Betroffene berichten zudem von einem Spannungsgefühl oder innerer Unruhe vor dem Skin Picking und einem kurzfristigen Gefühl von Erleichterung während oder nach dem Verhalten. Dieses kurzfristige „Belohnungsgefühl“ verstärkt den Zwang und macht es schwer, den Kreislauf zu durchbrechen.

Wer ist von der Skin-Picking-Störung betroffen?

Die Skin-Picking-Störung tritt bei etwa bei ein bis fünf Prozent der Bevölkerung und besonders häufig in der Pubertät auf, wenn hormonelle Veränderungen und Hautprobleme wie Akne auftauchen oder generell durch eine vorausgegangene Hauterkrankung (z. B. Neurodermitis). Sie kann auch später etwa zwischen einem Alter von 30 und 45 Jahren auftreten. Wird sie nicht behandelt, kann sie chronisch werden. Frauen erkranken mit einem Anteil zwischen 60 und 90 Prozent offiziell häufiger als Männer, allerdings geht man gerade bei Männern von einer hohen Dunkelziffer aus.

Was ist die Ursache für Akne Excoirrée?

Die genauen Ursachen stehen noch nicht fest. Forscher*innen vermuten, dass die Dermatillomanie durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren entsteht:

  • Psychologische Faktoren:wie Stress, Angst- und Zwangsstörungen, Depressionen und traumatische Erlebnisse können das Risiko erhöhen. Bei vielen Betroffenen dient das Skin Picking als Bewältigungsstrategie, um innere Anspannung oder unangenehme Gefühle zu regulieren.
  • Langeweile:Auslöser können zudem alltägliche Situationen sein wie Langeweile oder das genaue Betrachten der eigenen Haut unter starkem Licht.
  • Biologische Faktoren:können ebenfalls eine Rolle spielen. Studien zeigen, dass bei Zwangsspektrumsstörungen Veränderungen in bestimmten Gehirnbereichen und Botenstoffen vorliegen können, die Impulskontrolle und Belohnungsmechanismen steuern.
  • Genetische Einflüsse:werden auch diskutiert, da SPD in manchen Familien gehäuft auftritt.

Gibt es Risiken?

Unbehandelt kann die Exkoriationsstörung erhebliche körperliche und seelische Folgen haben:

Medizinische Risiken sind wiederkehrende Entzündungen, Narbenbildung, Pigmentstörungen und chronische Hautschäden. Offene Wunden können sich infizieren und in schweren Fällen sogar ärztliche Eingriffe erfordern.

Psychische Belastungen sind ebenso gravierend. Viele Betroffene empfinden starke Scham über das Aussehen ihrer Haut, ziehen sich sozial zurück und vermeiden Situationen wie Schwimmbadbesuche, Sport oder enge zwischenmenschliche Kontakte. Das kann zu Isolation, Selbstwertproblemen und Depressionen führen.

Zudem besteht die Gefahr, dass sich ein Teufelskreis entwickelt: Je größer die Scham und der Stress, desto stärker kann das Bedürfnis werden, die Haut zu bearbeiten, was wiederum die Symptome verschlimmert.

Leiden Betroffene bereits unter psychischen Erkrankungen wie einer Angststörung oder einer Depression kann sich der Leidensdruck weiter verstärken.

Welche Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten gibt es?

Eine frühzeitige Therapie kann den Verlauf der Erkrankung deutlich verbessern und Rückfälle verringern. Hilfreich sind:

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    Trigger meiden

    Was ihr sofort verändern könnt: Trigger zu meiden oder zu entschärfen, indem ihr Spiegel abdeckt, Handschuhe oder Pflaster tragt. Das ist natürlich nur in einem geringen Maß möglich.
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    Symptomtagebuch

    Mithilfe eines Symptomtagebuchs könnt ihr über Situationen und Emotionen Protokoll führen, um das eigene Verhalten besser zu verstehen und zu regulieren.
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    Psychotherapie

    wie die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) kann Betroffene darin unterstützen, auslösende Situationen zu erkennen und alternative Bewältigungsstrategien zu entwickeln, um sich das automatisierte Verhalten bewusst zu machen und zu regulieren.

    Spezielle Verfahren wie das Habit-Reversal-Training (auch Entkopplungsmethode genannt) können dabei helfen, das Verhalten gezielt zu ersetzen – etwa durch das Ballen der Fäuste oder das Drücken eines Stressballs, sobald der Drang auftritt.
    Mehr Infos zur Habit-Reversal-Theory
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    NAC und Medikamente

    Außerdem soll die Aminosäure N-Acetylcystein (NAC) als Nahrungsergänzungsmittel laut eines Fallberichts die Impulskontrolle verbessern.

    Medikamente wie Antidepressiva (SSRI) können in schweren Fällen sinnvoll sein, um das Zwangsverhalten zu reduzieren. Diese sollten jedoch nur in Absprache mit einem Facharzt und nicht vorschnell eingesetzt werden, da Antidepressiva nicht immer wirken und Neben-/ und Wechselwirkungen haben.
    N-acetyl Cysteine Supplementation to Alleviate Skin Picking Disorder
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    Entspannungsübungen

    Ergänzend können Achtsamkeits- und Entspannungsübungen, Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung helfen, Stress abzubauen und die Selbstwahrnehmung zu verbessern. Probiert es mal mit der BIGballoon-App!
    BIGballoon
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    Selbsthilfegruppen

    Auch Selbsthilfegruppen und Online-Foren bieten wertvolle Unterstützung, da der Austausch mit anderen Betroffenen das Gefühl von Isolation verringern kann.
    HIer geht's zum Skin Picking und Trichotillomanie e.V.

Häufige Fragen zur Skin-Picking-Disorder

Sport und Präventionskurse
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Verfasst von
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