Diabetes bei Kindern: Erkennen, behandeln und unterstützen

Letzte Aktualisierung: 01. Oktober 2025Lesezeit: 8 Minuten
Erfahre, wie du Typ 1 und Typ 2 erkennst, die Diagnose abläuft, welche Therapien helfen und was bei Unterzuckerung zählt. Plus: Praxis-Tipps für Kita, Schule und Sport, damit dein Kind sicher und selbstbewusst durch den Alltag geht.
Kind misst auf dem Wohnzimmerteppich seinen Blutzucker mit Pen

Inhalt

Laut Expertinnen und Experten sind in Deutschland rund 37.000 Kinder und Jugendliche an Diabetes mellitus Typ1 erkrankt. Jedes Jahr kommen etwa 2.300 neue Fälle hinzu – Tendenz steigend. Vor allem der Typ-1-Diabetes ist häufig, aber auch Typ 2 nimmt bei jungen Menschen zu. Damit ist die Zuckerkrankheit die häufigste chronische Stoffwechselerkrankung zwischen 0 und 19 Jahren. Was du über die Krankheit wissen solltest und wie du Betroffene im Fall der Fälle unterstützen kannst. 

Wie entsteht Typ-1-Diabetes?

Typ-1-Diabetes ist eine chronische Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem greift dabei die Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse an. Diese Zellen stellen Insulin her – ein Hormon, das Zucker aus dem Blut in die Zellen schleust, damit Energie entsteht. Fehlt Insulin oder kann es nicht mehr ausreichend gebildet werden, steigt der Blutzucker stark an. Medizinerinnen und Mediziner sprechen dann von einer sogenannten Hyperglykämie.

Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird ein Zusammenspiel aus Veranlagung (Genetik) und Auslösern aus der Umwelt, etwa Infektionen. Wird Typ-1 zu spät erkannt, kann eine diabetische Ketoazidose entstehen: Der Körper verbrennt dann Fett als Ersatzenergie. Durch diesen Abbau bilden sich wiederum Ketone, das Blut übersäuert, was zu lebensbedrohlich erhöhten Blutzuckerwerten führen kann.

Typ-1-Diabetes: Symptome bei Kindern

Oft zeigen sich Zeichen erst spät. Achte besonders auf:

- starker Durst und häufiges Wasserlassen

- Heißhunger

- Mundgeruch nach Aceton (wie Nagellackentferner)

- Bauchschmerzen, Müdigkeit

- Leistungs- und Konzentrationsschwäche

- Gewichtsverlust

Treten diese Symptome zusammen auf, lass den Blutzucker schnell ärztlich prüfen.

Wie wird Typ-1-Diabetes bei Kindern behandelt?

Bislang ist diese Form der Zuckerkrankheit nicht heilbar. Betroffene sind ihr Leben lang auf eine Insulintherapie angewiesen. Das Insulin muss mehrfach täglich unter die Haut gebracht werden, entweder mit einem Insulin-Pen, einer Spritze oder einer Insulinpumpe. Letztere führt dem Körper über einen Schlauch dauerhaft Insulin zu, Injektionen mit Spritze oder Pen sind dann nicht mehr notwendig. Gerade Kindern erleichtern Insulinpumpen oft den Alltag mit Diabetes, denn diese können auch beim Sport und Spielen am Körper getragen werden. Beim Schwimmen kann die Insulinpumpe kurzzeitig abgekoppelt werden. 

Behandlung chronischer Erkrankungen: Disease Management Programme (DMP)

Neben der Insulingabe lernen Eltern und Kinder in einer speziellen Diabetes-Schulung innerhalb des DMPs unter anderem den zugeführten Zucker (Kohlenhydrate), den sie durch die Nahrung aufnehmen, zu berechnen, wie viel Insulin der Körper zu welcher Tageszeit für welche Nahrungsmittel benötigt, wann und wie sie mehrmals täglich ihren Blutzuckerspiegel messen, welche Komplikationen – speziell Über- und Unterzuckerung – wann eintreten können und was im Notfall zu tun ist.

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Unterzuckerung (Hypoglykämie)

Eine Hypoglykämie ist ein häufiger Notfall in der Diabetesbehandlung. Auslöser können sein:

- zu viel Insulin verabreicht

- ungeplante oder hohe körperliche Belastung

- ausgelassene oder verspätete Mahlzeit

Typische Anzeichen:

- Schwindel, Schwitzen, Zittern, Herzklopfen

- Schwäche, Konzentrations- und Sehstörungen

- Schläfrigkeit, Verwirrtheit, manchmal Aggressivität, im schlimmsten Fall Krämpfe und Bewusstlosigkeit

Wie entsteht Typ-2-Diabetes bei Kindern?

Zwar tritt der Typ-2-Diabetes meist nach dem 40. Lebensjahr auf, allerdings erkranken auch immer mehr Kinder und Jugendliche daran – laut Schätzungen derzeit etwa 200 Kinder zwischen zwölf und 19 Jahren pro Jahr, Tendenz steigend. Hier liegt eine sogenannten Insulinresistenz vor. Diese tritt oft bei Übergewicht in Folge falscher Ernährung auf. Hast du über einige Jahre viel Insulin produziert, werden deine Zellen irgendwann resistent gegenüber dem blutzuckersenkenden Insulin. Dadurch entsteht ein relativer Insulinmangel: Dein Körper produziert zwar weiterhin genug Insulin, allerdings wirkt es an den Zellen immer schlechter. Daher steigert deine Bauchspeicheldrüse die Insulinproduktion, bis sie erschöpft ist und die Insulinproduktion immer mehr abnimmt – ein absoluter Insulinmangel kann dann eintreten, wenn der Typ-2-Diabetes zu lange unbehandelt bleibt.

Die Ursachen beim Diabetes Typ 2 sind auf einen ungesunden Lebenswandel zurückzuführen. Und dieser macht sich längst nicht mehr nur bei Erwachsenen, sondern immer häufiger auch bei Kindern und Jugendlichen bemerkbar: Bewegungsmangel, eine fett- und zuckerreiche Ernährung und das häufig daraus resultierende Übergewicht bis hin zur Fettsucht (Adipositas) sowie genetische Faktoren erhöhen bei Kindern das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Da er bei Kindern und Jugendlichen häufig lange Zeit unentdeckt bleibt, fordern Expertinnen und Experten, Jugendliche, die unter Adipositas leiden, einen oralen Glukoseintoleranztest durchzuführen.

Typ-2-Diabetes: Symptome bei Kindern

Die Beschwerden ähneln Typ-1, entwickeln sich aber langsamer:
•    Durst, häufiges Wasserlassen, Müdigkeit, Konzentrationsabfall
•    Unterschied: Kinder mit Typ-2 sind häufig übergewichtig, während Kinder mit Typ-1 eher abnehmen

Wie wird Typ-2-Diabetes bei Kindern behandelt?

Auch Kinder mit Typ-2-Diabetes erhalten eine individuelle Diabetes-Schulung. Der Schwerpunkt liegt auf einer Ernährungsumstellung (oft “Diabetes-Ernährung” genannt) und einer fundierten Ernährungsberatung sowie auf einem speziellen Bewegungsprogramm. Die Kinder lernen dabei auch, ihre Blutzuckerwerte selbst zu messen.

In der Schulung wird außerdem auf mögliche oder bereits bestehende Begleit- oder Folgeerkrankungen eingegangen, und notwendige Schritte zur Behandlung werden eingeleitet. Betroffen sein können unter anderem Augen, Nieren, das Nervensystem und die Gliedmaßen.

Häufig reichen ein gesunder Lebensstil und die damit verbundene Gewichtsreduktion für eine erfolgreiche Behandlung aus. Bleibt der Blutzucker allerdings trotz der Maßnahmen zu hoch – oder gelingt es nicht, die Kinder zu einem gesunden Lebensstil zu motivieren, werden zusätzliche Diabetes-Medikamente (Antidiabetika) nötig.

Das Behandlungsziel bei beiden Diabetes-Typen ist, den Blutzucker zu senken und möglichst konstant zu halten, um Folgeerkrankungen zu vermeiden. Je jünger Betroffene sind, desto größer ist das Risiko, solche Komplikationen zu entwickeln. Und je später Diabetes diagnostiziert wird, desto häufiger bestehen bereits Begleit- und entwickeln sich Folgeerkrankungen.

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Wie wird Diabetes bei Kindern diagnostiziert?

Wenn du bei deinem Kind typische Symptome bemerkst, geh in eine Praxis oder – bei starken Beschwerden – in die Notaufnahme. Die Abklärung umfasst:
•    Anamnese (Gespräch) und körperliche Untersuchung
•    Blutzuckermessungen: Nüchternblutzucker und Langzeitwert HbA1c
•    je nach Situation: oraler Glukosetoleranztest (oGTT), Antikörpertests (bei Verdacht auf Typ 1), Blut- und Urinuntersuchungen
 

Herausforderung für die ganze Familie

Diabetes bei Kindern bedeutet, dass ihr als Familie – und oft auch Verwandte und Freundeskreis – euren Alltag spürbar umstellen und über die Erkrankung gut informiert sein müsst, um euer Kind optimal zu unterstützen. Ihr werdet viel Zeit in die Blutzuckermessung, die medikamentöse Behandlung und die Ernährungsumstellung investieren. Bei Typ 2 kommt hinzu, dass sich euer Kind regelmäßig sportlich betätigt. Weil ihr euer Kind im Alltag häufig „kontrollieren“ müsst, kann es leichter zu Konflikten kommen – zwischen euch und eurem Kind, aber auch zwischen den Elternteilen oder Geschwisterkindern. Einfühlungsvermögen und Verständnis allein reichen dann möglicherweise nicht aus. Scheut euch nicht, Unterstützung anzunehmen: Selbsthilfegruppen, Psychotherapien, Eltern-Kind-Kuren sowie spezielle Angebote wie Gruppenreisen für Kinder mit Diabetes können entlasten und Kompetenzen stärken. Welche Hilfsangebote für euch am sinnvollsten sind, klärt ihr am besten gemeinsam mit eurem Kind und euren behandelnden Ärztinnen und Ärzten – zum Beispiel im Rahmen eines strukturierten Behandlungsprogramms (DMP).

Diabetes in Kita und Schule

Ein Diabetes bringt viele Veränderungen und Behandlungen mit sich. Weil Kinder noch viel Unterstützung brauchen, ist es unerlässlich, Erzieherinnen und Lehrerinnen über die Erkrankung gut zu informieren. Kinder mit Diabetes sind grundsätzlich genauso belastbar wie andere und können am Sportunterricht, an Ausflügen und Klassenfahrten teilnehmen. Trotzdem erleben viele betroffene Kinder Ausgrenzung und schämen sich für ihre Erkrankung. Fühlt euch gegenüber Erzieherinnen und Lehrerinnen nicht schlecht oder schuldig, wenn euer Kind mehr Aufmerksamkeit braucht – bittet aktiv um ihre Mithilfe.

 

Das sollte das pädagogische Personal wissen:

Wie individuelle Anzeichen einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) oder Überzuckerung (Hyperglykämie) bei eurem Kind erkennbar sind.

Welche Behandlungsmaßnahmen während der Kita- oder Schulzeit nötig sind und wie das Kind unterstützt wird, z. B. passende Nahrungsaufnahme und bei Bedarf Blutzucker auch während des Unterrichts messen.

Was im Notfall zu tun ist: schnell verfügbare Kohlenhydrate (z. B. Traubenzucker), Notfallnummern, und Hilfestellung beim Verabreichen von Insulin, falls erforderlich.

Was bei Unwohlsein sinnvoll ist: Sport sofort beenden oder eine Pause einlegen.

 

Zusätzlich sinnvoll:

Andere Kinder altersgerecht über die Erkrankung und mögliche Risiken informieren – wenn es nötig ist und in Abstimmung mit euch und eurem Kind.

Vor Ausflügen und Klassenfahrten klären, welche Bedingungen euer Kind braucht: planbare Mahlzeiten, Mitnahme von Diabetes-Material, und Umgang mit besonderen Belastungen wie Wanderungen oder Freizeitparks.

 

Häufiges Problem:

Pädagoginnen und Pädagogen bestehen bei Klassenfahrten oder Ausflügen oft auf einer speziell geschulten Begleitperson. Das ist oft kaum umsetzbar und vielen Schulkindern sehr unangenehm. Sie verzichten dann lieber, erleben mehr Ausgrenzung und verpassen gemeinsame Erfahrungen. Zudem nehmen solche Regelungen auch gesunden Kindern die Chance, Verständnis zu entwickeln und Wissen über Diabetes zu erlangen. Hier ist Inklusion entscheidend! Sie bedeutet, dass alle Kinder selbstverständlich teilhaben – mit realistischen, praxistauglichen Absprachen, klaren Notfallplänen und unterstützendem Verhalten statt Sonderlösungen, die ausschließen.

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