Trauriges Kind auf dem Spielplatz wird von einer Kindergruppe ausgegrenzt

Viele Grundschulkinder erfahren Gewalt, Ausgrenzung und Cybermobbing

Bereits in der Grundschule erleben immer mehr Schüler*innen Ausgrenzung, Gewalt und Cybermobbing – also dissoziales Verhalten durch Mitschüler*innen. Das zeigt eine neue Studie des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Uni Dortmund, die mithilfe der repräsentativen internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung aus dem Jahr 2021 (IGLU-Studie) erhoben wurde. Lest hier die wichtigsten Ergebnisse und welche Maßnahmen notwendig sind, um dieser alarmierenden Entwicklung entgegenwirken zu können.

Welche Kinder wurden in der IGLU-Studie 2021 befragt?

Die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung 2021 (IGLU 2021) ist eine Schulleistungsstudie, die die Lesekompetenz von Schüler*innen der 4. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich untersucht. Die IFS-Analyse bezieht sich somit auf die Befragung von Grundschulkindern der vierten Klasse.

Ergebnisse der IFS-Studie: Gewalt, Ausgrenzung und Cybermobbing an Deutschlands Grundschulen nehmen zu

Von insgesamt zehn berücksichtigten Formen dissozialen Verhaltens erleben Grundschulkinder in Deutschland am häufigsten Ausgrenzung, Beschimpfungen und körperliche Gewalt durch Mitschüler*innen. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist das Online- beziehungsweise Cybermobbing.

  • 54,6 Prozent der befragten Viertklässler*innen gaben an, dass sie schon mal durch andere Mitschüler*innen beim Spielen ausgegrenzt wurden.
  • 52,3 Prozent wurden mehrere Male pro Jahr beschimpft oder ausgelacht.
  • Fast jedem zweiten Kind ist schon mal durch andere Mitschüler*innen körperliche Gewalt (z. B. Schubsen, Schlagen, Treten) widerfahren.
  • Etwa 39 Prozent haben erfahren müssen, dass Lügen über sie verbreitet wurden.
  • Etwa 17 Prozent haben gemeine/verletzende Nachrichten erhalten. Bei rund 10 Prozent wurden schon mal verletzende oder gemeine Informationen über sie im Internet verbreitet – auch Online- oder Cybermobbing genannt.
Kind mit entspanntem Gesichtsausdruck

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Grundschüler*innen in Deutschland erfahren mehr Ausgrenzung und Gewalt als der EU-Durchschnitt

Die Studienergebnisse zeigen auch, dass Grundschüler*innen anderer EU-Staaten ähnlich häufig von dissoziativem Verhalten betroffen sind. Allerdings kommen in Deutschland Ausgrenzung und körperliche Gewalt deutlich häufiger vor als beim EU-Durchschnitt. Lügen sind dagegen in anderen Ländern weiter verbreitet als in Deutschland.

Dissoziales Verhalten und Lesekompetenz

Da es bei der IGLU-Studie um die Lesefähigkeit der Schüler*innen im Vergleich zu anderen Ländern geht, wurde auch untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Lesekompetenz und dissozialem Verhalten gibt. Länderübergreifend wurde festgestellt, dass je weniger Schüler*innen von dissozialem Verhalten betroffen waren, desto höher war ihre Lesekompetenz. Allerdings betonen die Initiatoren, dass diese Beobachtung noch keine kausalen Rückschlüsse zulasse. 

„In Deutschland ist der Unterschied in der mittleren Lesekompetenz zwischen Kindern mit viel und Kindern mit wenig Erfahrungen mit dissozialem Verhalten
im EU-Vergleich jedoch am größten“, so der IFS-Bildungsforscher Dr. Rahim Schaufelberger. 

Laut IGLU-Studie können 25 Prozent der Viertklässler*innen nicht richtig lesen und haben Probleme beim Textverständnis. Jungen haben eine schlechtere Lesekompetenz und machen häufiger Erfahrungen mit dissozialem Verhalten als Mädchen. Außerdem sind Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, häufiger von Gewalt und Ausgrenzung betroffen als Kinder mit deutscher Muttersprache.

Wie können Schulen und Eltern gegensteuern?

  1. Unterstützung durch „Tuesdays for Education" Die IFS-Institutsleiterin und Leiterin der IGLU-Studie Nele McElvany betont, dass gerade im Rahmen der Bildungspolitik dissozialem Verhalten in den Schulen stärker vorgebeugt werden müsse. Um Politik und Grundschulen diesbezüglich zu unterstützen, veröffentlicht das IFS mit seiner 14-tägigen Reihe „Tuesdays for Education“ noch bis Sommer 2024 Ergebnisse zu bestimmten Schwerpunktthemen, um die Qualität von Grundschulen zu verbessern und Kinder gerade im Hinblick auf ihre Lesefähigkeit zu fördern. Tuesdays for Education
  2. Schulen in der Pflicht Auch die Bildungsgewerkschaft VBE äußert sich besorgt darüber, dass Grundschulen in Deutschland in puncto Ausgrenzung und Gewalt über dem EU-Durschnitt liegt. Schulen beziehungsweise Schulleitungen und Lehrkräfte sollten daher unbedingt durch das Lehren gewaltfreier und empathischer Verhaltensweisen die Schüler*innen besser vor Ausgrenzung, Gewalt und Cybermobbing schützen. Hierzu bietet sich auch das sozial-emotionale Lernen an. Deshalb ist sozial-emotionales Lernen elementar!
  3. Schulsozialarbeit und Streitschlichtungsprogramme Weitere wichtige Maßnahmen sind laut NRW-Landesvorsitzenden Anne Deimel Schulsozialarbeit und dazugehörige Streitschlichtungsprogramme, um der Problematik intensiv entgegenwirken zu können.
  4. Empathie bei Kindern fördernNatürlich könnt und sollt ihr als Eltern ebenfalls eure Kinder im Lesen fördern sowie mental stärken und für dissoziales Verhalten sensibilisieren. Doch nicht alle Eltern sind aus unterschiedlichsten Gründen in der Lage, ihre Kinder zum Beispiel ausreichend bei ihren Lesefähigkeiten zu unterstützen. Was alle Eltern allerdings schaffen können? Kinder zu empathischen Menschen zu erziehen, ihre Bedürfnisse, Gefühle und Sorgen ernstzunehmen und ihre Konfliktfähigkeit zu trainieren. Das schafft nicht alle schulischen Probleme aus der Welt, aber dafür sorgt es für mehr Menschlichkeit, Respekt und Mitgefühl untereinander. So lernen Kinder Empathie
  5. Medienkompetenz fördern Auch wenn das Cybermobbing laut Studie noch relativ selten auftritt, nimmt es im Zeitalter der Digitalisierung immer weiter zu.

    Die Smartphone-Nutzung an Schulen spielt hierbei sicher eine große Rolle: Beispielsweise kann es hilfreich sein, während der Schulzeit ein Smartphone-Verbot einzuführen. Geht es allerdings um den Privatgebrauch, ist es wichtiger, eure Kinder dafür zu sensibilisieren, die eigene und die Privatsphäre anderer Kinder zu wahren etc.
    So fördert ihr die Medienkompetenz eurer Kinder
  6. Gegen Onlinemobbing vorgehenOnlinemobbing zu unterbinden, ist häufig gar nicht so leicht, da Täter*innen oft anonyme Accounts erstellen oder niemand zu wissen scheint, wer zuerst ein Video, Bild oder Ähnliches übers Netz verbreitet hat. Ihr solltet trotzdem immer gegen Cybermobbing vorgehen.

    Hier die wichtigsten Tipps:

    1. Macht immer Screenshots, bevor ihr Kommentare oder Nachrichten löscht und Personen blockiert.
    2. Werden unerlaubt Videos oder Bilder von euren Kindern ins Netz gestellt, sind die Seitenbetreiber oft dazu verpflichtet, diese zu löschen.
    3. Habt ihr eine Vermutung oder sogar eindeutige Beweise, welche Kinder euren Nachwuchs mobben, nehmt zuerst Kontakt zum Lehrpersonal und im zweiten Schritt zu den Eltern der Täter*innen auf.
    4. In sehr belastenden und/oder bedrohlichen Fällen solltet ihr Anzeige erstatten, denn: Cybermobbing ist strafbar!

Quellen: 

IFS/Pressemeldung 

News4teachers /mit Material der dpa
 

 

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