Close-up vom Bauch einer Frau in Sportkleidung

Mikrobiom: Das Ökosystem unseres Darms

Wenn von Darmgesundheit die Rede ist, fällt immer häufiger der Begriff Mikrobiom (Darmflora). Ziemlich einleuchtend, denn unsere Gesundheit ist maßgeblich von unserem Bauchhirn – dem Darm – abhängig. Gerät es in Schieflage, kann sich dies negativ auf Körper und Seele auswirken. Sogar bei Long Covid steht die Darmflora im Fokus. Und welche Rolle spielt dabei das Mikrobiom?

Was ist ein Mikrobiom?

Als Mikrobiom wird die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den menschlichen Körper besiedeln, bezeichnet. Dazu gehören Bakterien, Viren, Pilze und andere Kleinstlebewesen. Mikrobiome findet man beispielsweise auf der Haut, im Mund- und Nasenrachenraum oder in der Lunge.

Ein Mikrobiom ist das Ökosystem unseres Darms. Es besteht aus etwa 100 Billionen Mikroorganismen (Mikrobiota). Dazu zählt eine Vielzahl an Bakterien sowie Viren und Pilzen (Candida). Da es viele Arten von Mikroorganismen gibt und sich aufgrund unserer Ernährung, Lebensweise und Erkrankungen unterschiedlich zusammensetzen, ist jede Darmflora einzigartig.

Alle dort lebenden Mikroorganismen benötigen zudem Nahrung, haben unterschiedliche Aufgaben und sind voneinander abhängig. Je vielfältiger die Bakterienstämme unseres Darmmikrobioms sind, desto besser geht es ihm und uns. Expert:innen sprechen dann von mikrobieller Diversität. 

Mikrobiom entwickelt sich ab der Geburt

Spannend ist, dass sich das Mikrobiom bereits ab der Geburt entwickelt. Denn das Baby nimmt bei der natürlichen Geburt über die Vaginalschleimhaut bereits erste Mikroben der Mutter auf. Danach geschieht es durch die Muttermilch beziehungsweise Nahrung und den Lebensstil. Widerlegt wurde dagegen, dass sich das Mikrobiom bereits im Bauch der Mutter entwickelt.¹

Welche Aufgaben haben Mikroben?

Die „guten“ Mikroben sind für bestimmte Vorgänge im Körper unerlässlich, da sie ...

  • unverdaute Nahrungsbestandteile für unseren Organismus verwertbar machen.
  • die Verdauung unterstützen.
  • die Darmschleimhaut/Darmbarriere mit bilden und schützen.
  • durch die Bildung antimikrobieller Stoffe schädliche Erreger hemmen und dadurch durchlässige Darmwände (leaky gut) verhindern.
  • schädliche Stoffe aus der Nahrung und Umwelt abbauen.
  • Krankheitserreger wie Viren, Parasiten und (krankmachende) Bakterien bekämpfen.
  • durch entzündungshemmende Stoffe das Immunsystem regulieren und stärken.
  • an der Bildung von B-Vitaminen beteiligt sind oder eigenständig Vitamin K bilden und als Botenstoffe für hormonelle und neurologische Prozesse im Gehirn (Darm-Hirn-Achse) beteiligt sind.
Person in Sportkleidung sitzt im Wohnzimmer und sucht Übungen am PC

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Was sind Darm-Hirn-Achse und Bauchhirn?

Die Darm-Hirn-Achse bezeichnet die Kommunikation zwischen Darm und Hirn über den Vagusnerv. Rund 90 Prozent der Informationen kommuniziert der Darm an unser Gehirn. Deshalb heißt der Darm auch Bauchhirn oder zweites Gehirn.

Damit die Kommunikation gut funktioniert, benötigt unser Körper gesundheitsförderliche Bakterien als Botenstoffe. Auch werden im Darm Hormone wie Serotonin und Dopamin (Glückshormone) gebildet, die dann ans Gehirn weitergeben werden.

Was schwächt die Darmflora?

Viele Faktoren können die Darmflora schwächen. 

Einige Beispiele:

  • Unausgewogene Ernährung:viel Fast Food, verarbeitetes Essen, Süßstoffe, Zucker, gesättigte Fettsäuren etc.
  • Mangelernährung:z. B. verursacht durch Essstörungen, vegane Ernährung
  • Einseitige Ernährung:z. B. durch Allergien und Intoleranzen
  • Medikamente:speziell Antibiotika
  • chronischer Stress
  • Bewegungsmangel

In diesen Fällen werden Darmflora und Darmbarriere geschwächt, weil gesundheitsschädliche Mikroben längerfristig die Überhand gewinnen und vermehrt schädliche Stoffe bilden, was zu einer Dünndarm-Fehlbesiedlung, Entzündungen und Verdauungsbeschwerden führen kann. Aufgrund der durchlässigen Darmschleimhaut gelangen außerdem schädliche Stoffwechselprodukte ungefiltert in unseren Organismus, was zu weiteren physischen und psychischen Beschwerden und (chronischen) Erkrankungen führen kann. Zudem ist auch die Kommunikation zwischen Darm und Hirn gestört, es kommt zu einem Mangel an Botenstoffen und Hormonen.

Mögliche Folgeerkrankungen

  • Übergewicht
  • Diabetes Typ 2
  • psychische Erkrankungen/Beschwerden wie Depressionen und Ängste
  • wiederkehrende Harnröhreninfekte/Blasenentzündungen
  • häufige bakterielle Vaginosen oder Pilzinfektionen
  • Allergien/Unverträglichkeiten
  • entzündliche Darmerkrankungen wie Reizdarmsyndrom, leaky gut, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
  • Arteriosklerose
  • Dickdarmkrebs
  • Parkinson
  • Leaky Gut (durchlässige Darmschleimhaut)
  • Mastzellenaktivierungssyndrom (derzeit häufig in Verbindung mit Long Covid, Post Vac und ME/CFS - die genauen Mechanismen sind bislang nicht eindeutig geklärt)
Frau liegt mit Bauchschmerzen seitlich im Bett und hält sich eine Wärmflasche an den Bauch

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Das Reizdarmsyndrom äußert sich mit unterschiedlichen Symptomen. Das erschwert eine eindeutige Diagnose.
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Wie kann man das Mikrobiom stärken?

Eigentlich ganz simpel über die Ernährung! Allerdings reicht es nicht, den Darm hin und wieder mit guten Lebensmitteln und Nährstoffen zu versorgen, sondern regelmäßig. Gerade wenn bereits länger Beschwerden oder Erkrankungen bestehen, dauert es, bis sich die Darmflora wieder aufgebaut hat und zudem ist sie natürlich dauerhaft auf die Nährstoffe angewiesen, um einem erneuten Ungleichgewicht vorzubeugen.
  1. Ballaststoffe (Präbiotika) gesundheitsförderliche Bakterien benötigen Ballaststoffe, um daraus kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) wie wie Propionat, Acetat und Butyrat (Buttersäure) bilden zu können und so die Darmbarriere zu stärken und Entzündungen vorzubeugen/zu hemmen. Da die Abbauprodukte in unseren Blutkreislauf übergehen, haben sie zudem einen positiven Effekt auf unseren Blutzucker und weitere Organe. Ballaststoffreiches Obst sind zum Beispiel Beeren und Kiwis. Weitere Ernährungstipps über den Link! Ballaststoffe – kein Ballast für den Körper
  2. Resistente Stärke Typ 3 (RS3) Hätten Sie gedacht, dass Stärke, die in Kartoffeln, Vollkorn-Pasta und Reis enthalten ist, den Darm stärken kann? Allerdings gilt das nur für gekochte und anschließend für 12 bis 24 Stunden auf Kühlschranktemperatur abgekühlte Lebensmittel². Nur dann entwickelt sich nämlich die sogenannte resistente Stärke Typ 3 - ebenfalls ein Ballaststoff. Durch das Abkühlen wird die Stärke erst im Dickdarm verdaut und zu Butyrat umgewandelt. Sie ist die Hauptenergiequelle der Darmzellen und hilft sogar beim Abnehmen (Blutzucker steigt weniger an, geringe Insulinausschüttung und längere Sättigung). Weitere Lebensmittel mit RS3 sind z. B. wenig reife Bananen, rohe Karotten, Vollkornbrot, Hülsenfrüchte (gegart). Übrigens bleibt die Stärke auch enthalten, wenn die Lebensmittel nach dem Abkühlen noch mal erwärmt werden. Eine Long-Covid-Studie macht deutlich, wie wichtig eine SCFA-produzierende Darmflora ist, um gegen das Spike-Protein gewappnet zu sein. Hier spielt u. a. das Bakterium Faecalibacterium prausnitzii eine entscheidende Rolle. Rolle der Darmmikrobiota bei Long Covid
  3. Polyphenole (Flavonoide) ebenso unerlässlich für eine gesunde Darmflora sind bioaktive Pflanzenstoffe bzw. sekundäre Pflanzenstoffe. Dazu zählen unter anderem Polyphenole (speziell die Flavonoide), da sie das Mikrobiom stärken und entzündungshemmend sowie antioxidativ wirken. Sie stecken z. B. in Beeren, Kakao/dunkler Schokolade, Zwiebeln, Sellerie, Grüntee/Matcha, Schwarztee, Thymian, Petersilie, Äpfel, Orangen, Trauben, Auberginen, Karotten, Endiviensalat usw.
  4. Abwechslungsreiche und naturbelassene Lebensmittel Je abwechslungsreicher und naturbelassener unsere Nahrung, desto besser ist das Mikrobiom aufgestellt. Gerade bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Intoleranzen kann es zu einer Mangelernährung kommen, die die Darmgesundheit weiter schwächt. Leiden Sie beispielsweise unter einer Histamin-Unverträglichkeit (keine Allergie, sondern eine Stoffwechselstörung), sollten Sie zwar stark histaminhaltige Lebensmittel oder Liberatoren meiden, aber Expert:innen raten trotzdem dazu, Lebensmittel, auf die Sie reagieren, Schritt für Schritt wieder in kleinen Mengen zu sich nehmen, um eine einseitige Ernährung zu vermeiden. Das Einschleichen der Lebensmittel sollte ärztlich und/oder ernährungstherapeutisch begleitet werden. Infos zur Histamin-Unverträglichkeit
  5. Fermentierte Nahrungsmittel (Fermente) bzw. Probiotika enthalten Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien und Hefepilze, die für die gesundheitsförderlichen Bakterien von enormer Bedeutung sind, da sie ebenfalls zum Teil kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat oder Propionat herstellen. Lebende Milchsäurebakterien (probiotische Bakterien) sind z. B. in naturbelassenen und vor allem säuerlichen Milchprodukten wie Joghurt, Kefir und Buttermilch sowie in sauer eingelegten (fermentierten) Lebensmitteln wie Sauerkraut, Kimchi und generell in sauer eingelegtem Gemüse (Pickles) enthalten.

Wie sinnvoll sind Darmflora-Tests und Probiotika als Nahrungsergänzungsmittel?

Da unserer Darmgesundheit zurecht immer mehr Aufmerksam zukommt, boomt auch der Markt frei verkäuflicher Tests und Nahrungsergänzungsmittel. Bevor Sie darauf zurückgreifen, lassen Sie sich ärztlich durchchecken, um mögliche Erkrankungen und Nährstoffmängel abzuklären. Dann können natürlich durch erfahrene Ärzt:innen spezielle Tests erfolgen. Bestehen Vorerkrankungen, werden Erkrankungen vermutet oder ist das Immunsystem stark geschwächt, sollten ohne ärztliche Verordnung keine Präparate eingenommen werden.

Was ist bei der Einnahme von Probiotika-Präparaten zu beachten?

Es gibt eine Vielzahl an Bakterienstämmen, die unterschiedlich im Darm wirken. Das Nahrungsergänzungsmittel muss daher unbedingt zum Zweck passen. Auch müssen ausreichend Bakterien/Hefen in dem Produkt enthalten sein, damit sie wirken können. Ebenso wichtig ist, dass sie regelmäßig und über mehrere Wochen eingenommen werden, damit Ihre Darmflora davon profitiert. 

Studienlage noch durchwachsen

Zwar wissen wir immer mehr über das Wunderwerk Darm, allerdings fehlen gerade hinsichtlich der Behandlung mit Probiotika und bei der Frage, inwiefern ein geschwächtes Mikrobiom bestimmte Erkrankungen auslösen kann, eindeutige Belege. So ist sich zum Beispiel die Forschung bei manchen Erkrankungen noch nicht einig, ob die Fehlbesiedlung die Ursache oder Folge der Darmerkrankungen ist. Erwiesen ist aber immerhin, dass sich das Mikrobiom von Menschen mit Reizdarm von der Darmflora gesunder Menschen unterscheidet.

¹Quelle: nature

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