Kriterien für die Anerkennung von Corona als Arbeitsunfall

Auch die Infektion mit einem Krankheitserreger im Rahmen der versicherten Tätigkeit kann einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstellen. Das entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg. Im Urteil stellt das Gericht auch erstmals grundsätzliche Kriterien auf, die für eine Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall erfüllt sein müssen.

In dem verhandelten Fall wurde beim klagenden Arbeitnehmer 2021 mit einem PCR-Test eine Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 festgestellt. Der Kläger war im Anschluss längere Zeit an Corona erkrankt und leidet nach eigenen Angaben bis heute an den Folgen der Infektion.

Der Arbeitgeber teilte mit, welche Infektionen in dem fraglichen Zeitfenster vorlagen. Insbesondere kam ein Kollege als „Indexperson“ in Betracht, von der die Infektion möglicherweise herrührt. Dieser wurde zeitgleich mit dem Kläger getestet und habe laut dem Kläger schon vor seinem eigenen Test „herumgeschnupft“.

Die zuständige Berufsgenossenschaft Holz und Metall lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, weil eine Infektion während einer versicherten betrieblichen Tätigkeit nicht konkret nachgewiesen sei. Das zuständige Sozialgericht und das Landessozialgericht bestätigten diese Auffassung. Als Begründung führte das LSG aus, dass die Ansteckungsgefahr bei der damaligen weltweiten Pandemie in allen Bereichen des Lebens massiv erhöht gewesen sei. Auch die Angabe des Klägers, er habe seine privaten Kontakte verringert, schließe eine Infektion im privaten Bereich nicht aus.

Das LSG stellte klar, dass es für den Nachweis einer Infektion während der Arbeit unabdingbare Voraussetzung ist, dass die mögliche „Indexperson“, bei der sich der Versicherte während einer beruflichen Verrichtung angesteckt haben könne, nachweislich vor dem Betroffenen selbst mit dem Virus SARS-CoV-2 infiziert gewesen sei. Ansonsten sei von Anfang an nicht aufklärbar, wer wen angesteckt hat. 

Erst wenn dieser Nachweis geführt wurde, könne weiter untersucht werden, ob eine Infektion während der Arbeit wahrscheinlich sei, weil dort z.B. gefahrerhöhende Umstände vorlagen (enger Kontakt über längere Zeiträume, kein Schutz durch FFP2- oder medizinische Masken) bzw. im privaten Bereich des konkret Betroffenen ein deutlich geringeres Ansteckungsrisiko bestand. Das vom Kläger vorgetragene „Herumschnupfen“ des Kollegen vor dem Test sah das Landessozialgericht dies als zu unspezifisch für den Nachweis einer Corona-Infektion an.

(LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2024, Aktenzeichen: L 1 U 2085/23)